Veranstaltungsreihe: Eine Welt ohne Visionen geht zu Grunde
Ausgangspunkt der Veranstaltung war die These, dass es zwei Kulturen gebe, die miteinander in Konflikt geraten: die "alte" Kultur, die ausbeute aus und Kriege um Ressourcen führe, die "neue" Kultur, die auf Verbundenheit, Vielfalt, Potenzial-Entfaltung, inneren wie äußeren Frieden baue. Im Rahmen des Vortrag sollten dabei aktuelle Politik ebenso beleuchtet werden wie auch grundsätzliche Fragen und “tektonische“ Linien in der Gesellschaft werde.
Vor dem Hintergrund von NATO- und G7-Gipfeln zeigten - so der Referent - sich die deutlichen Gräben in der Bewertung der Werte. Dies eröffne eine "Diskussion um die europäischen Werte". In dem vom US-Präsidenten Trump verkündeten Ausstieg aus dem 2015 in Paris von 195 Staaten unterzeichneten Klimaschutzabkommen sah G. v. Lüpke ein Anzeichen dafür, dass wir uns weltweit in einer Schwellen- oder Übergangsphase befinden, wie es auch schon die amerikanische Tiefen-Ökologin Joanna Macy beschrieben habe. Diesen Wandel zur kulturellen Wende machte der Referent am Beispiel des Indian Reservation protest camps in Dakota deutlich. Ein anfänglich kleiner Widerstand gegen eine Pipeline sei Ausgangspunkt für eine weltweite Solidarisierung zum Wasserschutz geworden und habe letztlich zu einer Routenänderung der Pipeline geführt.
Geseko von Lüpke ist überzeugt, dass sich die Frage nach Krieg oder Frieden an den Konflikten in der Gesellschaft entscheide. Ein nachhaltiger Frieden brauche eine kulturelle Vielfalt, die Sicherung der Grundbedürfnisse und eine solide Umwelt. In diese Richtung habe sich in den letzten 60 Jahren schon die größte soziale Bewegung in der Geschichte der Menschheit vollzogen. Millionen von Menschen versuchten dies schon individuell zu erreichen und sich für Frieden, Frauenrechte, Umweltbelange und den Eine-Welt-Gedanken zu engagieren.
An verschiedenen Beispielen der letzten Jahrhunderte zeigte der Referent, dass von einer vermeintlichen Alternativlosigkeit" nicht gesprochen werden könne. Die getroffenen Entscheidungen allerdings führten in allen Fällen zur Abwertung der Natur. Die Folgen waren Patriarchat, Imperialismus, Rassismus und Sexismus. Diese fundamentale Wahrnehmungsstörung der westlichen Kultur führe dazu, dass wir uns nicht als Teil der Natur verstehen, sondern als abgetrennte Wesen, die sie ausbeuten und manipulieren können. So erkläre sich auch die Sichtweise eines Donald Trump. Er gelte als Inkarnation des alten Weltbildes, der aus Angst sich schwach zu zeigen, Mauern errichten müsse. Diese Haltung Trumps könne aber auch einen Chance sein und zu zivilem Ungehorsam führen. So habe sich allein in den letzten drei Monaten in den USA die Zahl der sozialen Initiativen verdreifacht, so wie M. Gandhi es forderte: „Du musst der Wandel sein, den du in der Welt sehen willst.“
An der Metapher der „Imagozelle“ machte G. Von Lüpke anschaulich, wie vereinzelte, verwundbare Zellen zu immer umfangreicher werdenden vernetzten Gebilden wachsen, und letztlich eine komplette Verwandlung herbeiführen können. Was wir heute begreifen, schaffe die Möglichkeit, dass unsere Urenkel den Verwandlungsprozess beenden. Wir dürften nicht den Kopf verlieren in der Zeit der Unsicherheit, sondern sollten den Weg mit Einsicht, Empathie und Liebe begleiten.
In der anschließenden Diskussion wurde vor Schwarz-Weiß-Denken gewarnt und zur Überprüfung der eigenen Standpunkte aufgefordert. Europas neue Chance, z.B. beim Klimaschutz eigene Wege zu gehen, kam ebenso zur Sprache wie ein positives Resümee des Abends mit dem Vorsatz, die Grundgedanken an die eigenen Enkel weiterzugeben.
Referent
Geseko von Lüpke
Dr. rer. pol., geb. 1958, studierte Politologie und Ethnologie, arbeitet als Journalist für Rundfunk und Printmedien und ist Autor zahlreicher Buchpublikationen. Im bayerischen Rundfunk und anderen öffentlich-rechtlichen Funkhäusern machte er sich einen Namen durch Features über alternative Lebensformen, interkulturellen Dialog, ganzheitliche Wissenschaft und Spiritualität.
Partner
pax christi Augsburg