Klimawandel: Klimaschutz und Anpassungsstrategien in der Landwirtschaft

Frühjahrstagung der AbL-Bayern am 02.03.2020 in Obing. Welchen Beitrag kann die Landwirtschaft leisten, um die Klimakatastrophe abzuwenden und welche Strategien sind hilfreich zur Anpassung an den Klimawandel?

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Referierende und Veranstalter*innen (v.l.n.r.): Prof. Dr. Hülsbergen, Gertraud Angerpointner, Josef Schmid, Rebekka Eichstädt, Prof. Dr. Ebertseder, Ludwig Huber, Tobis Fegg Foto: © Alois Albrecht

Frühjahrstagung der AbL-Bayern

Ob trockene Sommer mit Futterknappheit, Überschwemmungen oder Dürre – das Wetter verändert sich und die Extremwetterereignisse nehmen zu. Auf den allgegenwärtigen Klimawandel muss sich gerade auch die Landwirtschaft einstellen. Und das umso mehr, als sie eine Mitverursacherin eben dieses Klimawandels ist. Vor diesem Hintergrund ging die Frühjahrstagung der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) der Frage nach: Welchen Beitrag kann die Landwirtschaft leisten, um die Klimakatastrophe abzuwenden und welche Strategien sind hilfreich zur Anpassung an den Klimawandel?

Rebekka Eichstädt vom Landesamt für Umwelt stellte die Klimaentwicklung in Bayern und deren Folgen für die Landwirtschaft dar. Bei den Jahresmitteltemperaturen in Bayern sei insbesondere seit 1990 ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, ebenso bei den Hitzetagen über 30 Grad und Dürreperioden. Zugleich hat die Emission von CO2 drastisch zugenommen. Es werde weniger Niederschläge, aber vermehrt Starkregen mit erhöhter Bodenerosionsgefahr geben. Die Grundwasserneubildungsrate sei stark rückläufig, regional mit Defiziten von rund 30 % zum langjährigen Mittel. Als Anpassungsstrategien können Humusaufbau als Wasserspeicher, eine Minimierung der Verdunstung (Mulchen) und eine der Temperatur angepasste Sorten- und Artenwahl dienen. Laut Eichstädt trägt die Landwirtschaft mit etwa sieben Prozent zu den Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bei. Nicht enthalten seien dabei die Emissionen, die aus der Herstellung von eingesetzten Maschinen und Geräten oder der energieintensive Produktion von Mineraldünger resultieren. Werden diese mit einbezogen, erhöhe sich der Anteil der Landwirtschaft auf rund 12,9 %. Abhilfe schaffen kann eine Senkung der Stickstoffüberschüsse, der Ausbau des Ökolandbaus, Emissionsminderungen in der Tierhaltung, Humuserhalt und -aufbau, der Erhalt von Dauergrünland und Schutz von Moorböden.

Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen vom Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme der TU München erläuterte die Klimawirkungen ökologischer und konventioneller Betriebe und ihre Treibhausgas-Minderungs- und Optimierungsstrategien. Studien auf 80 Höfen über einen Zeitraum von zehn Jahren bilden die breite Datenbasis seiner Ausführungen. In seiner Problemanalyse erläuterte Hülsbergen die Unterschiede hinsichtlich Lachgasemissionen aus Böden, Energieeinsatz und CO2 Emissionen, Humusaufbau und Kohlenstoffbindung, sowie Treibhausgasemissionen durch Milchviehhaltung.

Beim Stickstoffeintrag in den Boden wird der Unterschied zwischen einem Öko- und einem konventionell arbeitenden Betrieb sehr offensichtlich. Im Ackerbau beträgt der Stickstoffeintrag eines Ökobetriebes 142 kg/ha/Jahr, während ein konventioneller 246 kg/ha/Jahr in den Boden bringt. Bei Milchviehbetrieben fällt die Bilanz ebenfalls zu Gunsten des Ökobetriebes aus mit 170 kg/ha gegenüber 275 kg/ha konventionell. Eine wesentliche Ursache für diesen Unterschied liege in der Verwendung von organischem gegenüber mineralischem Dünger.

Laut Hülsbergen gebe es sowohl bei Ökohöfen als auch bei konventionellen durchaus Möglichkeiten zur Optimierung der Klimaanpassung. Auf Ökohöfen könnten Kleegras-Management, Fruchtfolgen und betriebliche Stoffkreisläufe noch effektiver eingesetzt werden. Auf Konventionellen würden konservierende Bodenbearbeitung, Mulchsaaten, Zwischenfrüchte, Strohdüngung helfen. Außerdem wäre es dringend erforderlich, einen Anteil von mindestens 20% Kleegras in der Fruchtfolge anzubauen, was auch den Mineraldüngerbedarf drastisch senken würde. Der durch Leguminosen (Stickstoffsammler wie Kleegras, Erbsen, Wicken etc.) organisch gebundene Stickstoff ist im Gegensatz zum mineralischen Stickstoff kaum auswaschungsgefährdet.

Eine Ausweitung des Ökolandbaus auf 20 % der Fläche würde eine starke Entlastung bringen. Nötig sei aber auch eine Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft, z.B. mit einer flächengebundenen Tierhaltung mit Großvieh-Zahlen pro Hektar zwischen 0,7 und 1,3. Das würde nicht nur dem Klima guttun.

Prof. Dr. Thomas Ebertseder von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme, stellte die Wirkungen reduzierter Stickstoff-Düngung auf Produktivität, Bodenfruchtbarkeit und N-Austragsgefährdung dar. Die Datenbasis hierfür bildeten langjährige und zahlreiche Feldstudien des Verbands der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA). Demnach führe eine Stickstoffdüngung, die gegenüber der Soll-Empfehlung um etwa 20 % vermindert ist, nur zu einer Ertragsminderung von lediglich bis zu 5 Prozent. Bei einer Feldstudien über 15 Jahre ergab sich folgendes Ergebnis: Eine Reduzierung der Stickstoffdüngung um 40% minderte den Naturalertrag lediglich um ca. 11 %. Der Ertrag lag zwischen 85 % bis sogar 98 % - je nach Standort. Bei Intensivfrüchten wie Weizen ist der Unterschied größer als z.B. bei Mais, Hafer, Gerste oder Zuckerrüben. Auch hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit (es wurde bei dieser Analyse lediglich die eingesparten Düngerkosten berücksichtigt!) ergab sich ein überraschendes Ergebnis: Nur wenn bei Weizen ein nach dem Proteingehalt gestaffelter Preis unterstellt wird, tritt bei der Variante "minus 40 %" der N-Düngung eine Verminderung des ökonomischen Ergebnisses von etwa drei bis vier Prozent ein. Geht man von einem einheitlichen Weizenpreis aus, unterscheidet sich das ökonomische Ergebnis praktisch nicht von der Variante mit „standorttypischer Optimaldüngung“. Jedenfalls stehe fest, so Ebertseder: "Je größer die Stickstoffzufuhr in den Boden, desto höher die Emissionen".

In der Diskussion tauchte die Frage auf, warum diese wichtigen Ergebnisse nicht in der Praxis, bei Fach- und Berufsverbänden und insbesondere der Politik, ankommen. Derzeit gebe es ja vielerlei Befürchtungen (z.B.: "Die Pflanzen verhungern bei 20 % weniger Stickstoff."). Gerade in dieser aktuellen Debatte zur Düngeverordnung könnten solche die Erkenntnisse zur Versachlichung beitragen. In diesem Zusammenhang wurde auch bedauert, dass angefragte Referierende aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium "aufgrund von Termin- und Kapazitätsproblemen" eine Teilnahme an der Tagung abgesagt hatten.  

Referent*innen

Prof. Dr. Thomas Ebertseder
Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, Fakultät Nachhaltige Agrar- und Energiesysteme
Rebekka Eichstädt
Landesamt für Umwelt, Referat Klimawandelund Wasserhaushalt
Prof. Dr. Kurt- Jürgen Hülsbergen
Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme, TU München

 

Partner

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL)