Wenn es darum geht, wichtige Herausforderungen der Zukunft zu meistern, setzt die Politik in Deutschland oft auf kleinteilige, ineffiziente Maßnahmen.
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Für eine nachhaltige Finanzreform
Unbeachtet bleibt der immense Einfluss, den Subventionen und Steuern auf das Investitions- und Konsumverhalten von Unternehmen und Bürger*innen nehmen. Noch immer subventioniert der Staat Ressourcenverbrauch und fossile Energien und belastet die Entstehung von Arbeitsplätzen über Gebühr mit Steuern. Ziel des FÖS ist deshalb - wie Kai Schlegelmilch erläuterte - eine deutlich stärkere Steuerbelastung umweltschädlichen Verhaltens zugunsten einer Entlastung z.B. des Faktors Arbeit.
Dass diese grundlegende Forderung in unserem Steuersystem kaum angewandt wird, belegen die Zahlen zum Anteil am Gesamtsteueraufkommen: Trug der Faktor Arbeit (Steuern und Sozialversicherung) im Jahr 1960 noch mit 49% zum Steueraufkommen bei, so werden es 2018 fast 64% sein. Dem gegenüber ist der Anstieg der Umweltsteuern nahezu unverändert: 4,5% nach 3,9% im Jahr 1960. Einer der Gründe hierfür ist die Tatsache, dass z.B. die Mineralölsteuer eine Mengensteuer ist, d.h. sie wurde auf einen Liter festgeschrieben, unabhängig von steigenden Preisen. Alleine durch diese Nicht-Indexierung der Umweltsteuern gingen dem Staat seit 2003 bis heute ca. € 70 Mrd. verloren. Dabei liegt Deutschland z.B. bei der Besteuerung leichten Heizöls im „Europa der 28“ auf Platz 22 (D: 49,75 Cent pro Liter, EU: 68,81 Cent pro Liter). Auch beim Anteil der Umweltsteuern am Gesamtsteueraufkommen rangiert Deutschland ganz hinten: Platz 23. Lediglich Frankreich, Belgien, Schweden und Luxemburg gönnen sich den Luxus einer noch geringeren Besteuerung.
Eine ökologische Steuerreform brächte eine doppelte Dividende: Nicht nur dass durch Einsparungs- und Effizienzanstrengungen der CO2-Ausstoß vermindert würde, auch das BIP könnte um ca. 0,5% steigen. Eine uneingeschränkte Win-Win-Situation.
Derzeit werden zudem nur relativ geringe Anteile der Kosten für Strom, Wärme und Straßenverkehr internalisiert (also von den Benutzern selbst getragen): € 9 Mrd. von € 41 Mrd. beim Strom, € 4 Mrd. von € 23 Mrd. bei der Wärme und € 50 Mrd. von € 108 Mrd. beim Straßenverkehr. Die Differenz zahlt die Allgemeinheit.
Auch von den Energiesteuersätzen im Wärme- und Strommarkt gehen nicht die notwendigen CO2-Preissignale aus: Während bei der primärenergetischen Stromerzeugung € 35 auf jeder Tonne CO2 lasten, sind es bei der Verstromung von Braunkohle nur € 2,90 bei Steinkohle € 3,50, bei schwerem Heizöl € 8,10. Bei leichtem Heizöl, Flüssiggas und Ergas sind es zwischen € 20 und € 27.
Auch die niedrige Besteuerung von Diesel lässt sich angesichts von Klimaschäden, Luftschadstoffen und Energiegehalt längst nicht mehr rechtfertigen. Hier wären mind. € 17 Mrd. zusätzliche Steuereinnahmen zu erzielen. Nimmt man weitere Maßnahmen wir eine höhere Luftverkehrssteuer, LKW-Maut, Firmenwagenbesteuerung (abhängig von CO2-Emissionen), Abschaffung der Entfernungspauschale und eine emissionsabhängig Kfz-Steuer hinzu, so wären 2020 € 42 Mrd. mehr zu erzielen. Es versteht sich von selbst, dass das FÖS solche Maßnahmen aufkommensneutral sehen will, die Mehreinnahmen also zurück an den Bürger fließen müssen (Stichworte: Klimadividende, Absenkung der Lohnnebenkosten, Finanzierung der EEG-Umlage, Kompensation benachteiligter Gruppen u.a.).
Unser derzeitiges Steuer- und Abgabensystem lenkt in die falsche Richtung: Umweltschädliches Verhalten wir staatlich subventioniert und wer sich ökologisch verhält, wird finanziell bestraft.
Zusätzlich steht Deutschland vor gewaltigen Herausforderungen: Der demografische Wandel wird immer spürbarer, die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, die Klimaziele werden wohl deutlich verfehlt werden und unsere Infrastruktur wird seit Jahrzehnten vernachlässigt.
Mit:
Kai Schlegelmilch
Vorsitzender des FÖS
Partner