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Analyse und Bewertung eines Strafzolls auf russische Öl- und Gasimporte

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Im Februar 2022 veröffentlichte der Ökonom und Direktor des Harvard’s Growth Lab Ricardo Hausmann den Vorschlag, mit hohen Strafzöllen auf russische Öl- und Gasimporte einen «goldenen Mittelweg» zwischen harten Sanktionen und ungehinderten Energieimporten zu beschreiten.

Steffen Bukold, Gründer und Leiter des Forschungs- und Beratungsbüros EnergyComment in Hamburg, hat diese Idee im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung kurzfristig und vor dem Hintergrund der aktuellen Marktentwicklung analysiert und bewertet. Die Ergebnisse finden Sie in diesem E-Paper.


Bukold kommt zu dem Schluss, dass funktionierende Strafzölle die Kosten einseitig auf die russische Seite verlagern. Gleichzeitig erhalten die Importeure ihre Mengenflexiblität, da sie – wenn auch zu hohen Kosten – nachordern können. Zusätzlich entfällt das politisch konfrontative Element eines Embargos.

Auf den zweiten Blick zeigen sich jedoch zahlreiche unrealistische Annahmen bei mehreren Argumenten des Hausmann-Konzepts:

  • Ohne die (unrealistische) Annahme eines Homo Oeconomicus im Kreml wirkt der ausschließlich auf ökonomische Nutzenmaximierung zielende Ansatz weniger überzeugend.
  • Der Vorschlag, die Öl- und Gaszölle auf 90 % der russischen Einnahmen zu heben, ist überzogen. Die Wirkung käme aus russischer Sicht einem Kaufembargo gleich. Die Annahme, dass die russische Seite dies angesichts der spärlichen Resteinnahmen akzeptieren wird, erscheint unrealistisch oder doch zumindest riskant.
  • Das argumentative Kernstück, nämlich die käuferfreundliche Verteilung der Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage wird der Wirklichkeit der Öl- und Gasmärkte nicht gerecht

Wenn die EU die russische Führung stärker als bisher unter Druck setzen will, erscheint der Vorschlag von Strafzöllen für den Ölmarkt daher etwas zu zaghaft, im Gasmarkt jedoch etwas zu riskant. Dennoch ist das Konzept von Strafzöllen jenseits der kurzfristigen Perspektive durchaus attraktiv. Mittel- und langfristig wächst die Verhandlungsmacht der Europäer. Die Drohung eines Lieferstopps verliert dadurch an Gewicht.

Sobald es der EU gelungen ist, ihre Abhängigkeit von russischem Öl und vor allem von russischen Gas deutlich zu reduzieren, könnte dieses Konzept dauerhaft eingeführt werden, um den finanziellen Spielraum des Kreml einzuengen, ohne jedoch die Handelskontakte vollständig abzubrechen.

Produktdetails
Veröffentlichungsdatum
April 2022
Herausgegeben von
Heinrich-Böll-Stiftung e.V.
Seitenzahl
24
Sprache der Publikation
Deutsch
Inhaltsverzeichnis
  1. Anlass und Thema 3

  2. Der Vorschlag von Ricardo Hausmann 4

    1. 2.1  Argument: Politische Durchsetzbarkeit 4

    2. 2.2  Argument: Einnahmenverteilung 4

    3. 2.3  Das zentrale Argument – Die asymmetrische Wirkung der Strafzölle (Tax Incidence Analysis) 5

    4. 2.4  Notwendige Zusatzannahme Globaler Schulterschluss gegen Russland 6

    5. 2.5  Die Höhe der Strafzölle auf russisches Öl 6

    6. 2.6  Strafzölle auf russische Erdgasimporte 7

  3. Folgen der Strafzölle für die russischen Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Gas 8

    3.1 Die Öleinnahmen 8

    3.2 Erdgaseinnahmen 9

  4. Bewertung und Einordnung der Argumente von Ricardo Hausmann 10

    1. Homo Oeconomicus und die Höhe der Strafzölle 10

    2. Bewertung der Strafzölle für Öl 11

    3. Bewertung der Strafzölle für Erdgas 18

  5. Fazit 22

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