Als Geisel verschleppt, gefoltert und zum Islam gezwungen. Eine spannende Buchvorlesung mit dem Author Carl Campeau.
Als Geisel verschleppt, gefoltert und zum Islam gezwungen
Der aus Kanada stammende Jurist und Philosoph Carl Campeau (im Bild sitzend ganz links. Am Redepult der Schauspieler Burchard Dabinnus, der einige Passagen aus dem unlängst auf Deutsch erschienenen Buch vortrug) ist seit fast 20 Jahren für die UN in den gefährlichsten Ländern der Welt im Einsatz. In Syrien wurde er 2013 von der al-Nusra-Front entführt, gefoltert und gezwungen, zum Islam zu konvertieren. Nach acht Monaten gelang ihm die Flucht. Zunächst gelangte er in ein Gebiet, das von der syrischen Armee kontrolliert wurde. Von dort schaffte er trotz großen Misstrauens (so gab es den Verdacht, er sei ein israelischer Spion) den Weg in die Freiheit.
Dieser Weg kreuzt sich mit dem eines seiner Geiselnehmer, der als anerkannter Flüchtling in Deutschland aufgenommen worden war. 2016 kommt es zum Prozess gegen den jungen Syrer wegen erpresserischen Menschenraubs und Kriegsverbrechen in Syrien. In der Woche vor der Veranstaltung wurde das Urteil gefällt: Sein Geiselnehmer hat eine Strafe von dreieinhalb Jahren Gefängnis bekommen.
Seine persönliche Geschichte veranschaulicht die psychologischen Aspekte solcher Erfahrungen und wie die Beziehungen in der Region kompliziert sind: seine Beziehung zu den Geiselnehmern, deren religiöse und militärische Vorstellungen (beispielsweise auch den Zivilen gegenüber) wurden thematisiert. Besonders interessant war seine Erfahrung, wie die Terrors-Organisation gezielt die "social media" einsetzen: Seine Geiselnehmer hatten ein Video von ihm gedreht, in dem er so tun sollte, als ob man ihm eine Beine amputiert hätte. Und er hat sich bemüht, zur Glaubwürdigkeit dieses Videos beizutragen, um seine Befreiung zu begünstigen. Er konnte dieses Video sogar während der Veranstaltung zeigen, weil es bei der UNO gelandet war, um die kanadische Regierung und die UNO selbst dazu zu bewegen, ihn freizukaufen.
In der Diskussion mit dem Publikum wurden einige kritische Punkte angesprochen: die Haltung von Campeau gegenüber dem Islam und seine Ängste vor den Flüchtlingsströmen nach Europa und die Schwierigkeit, zu überprüfen, welche Personen dem islamistischen Terror angehören. Dabei stellte Campeau klar, dass er sich für keinen Islamexperten hält und deutlich zwischen dem Islam und diese radikalisierten Form unterscheidet. Zur Flüchtlingspolitik und den juristischen Rahmenbedingungen der Terrorismusbekämpfung konnte er im Hinblick auf den Prozess in Stuttgart berichten (wo er als Hauptzeuge auftrat): Dieses Verfahren basierte auf einem Gesetz, dass eine internationale Jurisdiktion für Kriegsverbrechen in Deutschland ermöglicht. Dieses Gesetz wurde bislang nur selten angewandt, könnte aber in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Terrorismusbekämpfung spielen.
Referent:
Carl Campeau
Jurist und Philosoph, Mitarbeiter der UN, Einsätze in Bosnien, Albanien, Kosovo, Liberia, Syrien
Partner
Evangelische Stadtakademie München
Landesverband Bayern der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen