Wie wollen wir wohnen?

Raumwunder für ein entspanntes Zuhause, lebendige Nachbarschaften und grüne Städte. Der Vortrag von Daniel Fuhrhop in Bamberg.

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Raumwunder für ein entspanntes Zuhause, lebendige Nachbarschaften und grüne Städte

Ein Füllhorn guter Ideen schüttete Daniel Fuhrhop bei seinem Vortrag im sehr gut besuchten Bamberger Stephanshof aus, und zeigte, wie es gelingen kann, Platz zu schaffen, Platz besser zu nutzen und dadurch Freiräume zu gewinnen: für sich selbst, für Freunde und Nachbarn, ja sogar für die ganze Stadt. Daniel Fuhrhop ist überzeugt: "Wenn jeder aber nur ein Zehntel weniger Raum benötigen würde, könnten alle bezahlbaren Wohnraum finden."  Stadtviertel würden viel lebendiger, Jung und Alt kämen sich wieder näher – vom Zusammenrücken würden alle profitieren. 

Fuhrhop sieht das Wohnen in einem direkten Zusammenhang mit einem an Nachhaltigkeit orientiertem „Guten Leben“. Allerdings sei es in diesem Zusammenhang schwieriger, Nachhaltigkeit konkret werden zu lassen als zum Beispiel bei der Mobilität oder beim Lebensmittelkauf. In Bezug auf das Wohnen gebe es nämlich einen ständigen Konflikt zwischen dem notwendigen Erhalt von Freiflächen und dem tatsächlichen oder gefühlten Wohnraummangel.

Dementsprechend widersprüchlich ist die Situation. Auf der einen Seite nimmt der durchschnittliche Wohnflächenbedarf seit Jahren zu. Derzeit liegt er bei ungefähr 46 qm pro Person. In 4-Personen-Haushalten liegt er bei 31 qm, in Single-Haushalten sogar bei 68 qm. Und die Zahl dieser Single-Haushalte nimmt ständig zu.

Auf der anderen Seite lässt sich aber ein Trend zum gemeinschaftlichen Wohnen, zumindest zur gemeinschaftlichen Nutzung von Wohnflächen beobachten. Das Spektrum dafür ist – wie Fuhrhop deutlich machte – sehr breit. Es reicht von der Kommune, die nicht nur die Wohnung teilt, sondern auch das Einkommen, bis zur leer stehenden Garage, die man einer Band als Übungsraum zur Verfügung stellt. Oder es werden für leer stehende Zimmer (zum Beispiel nach dem Auszug der Kinder oder dem Tod des/der Partners/in) neue Mitbewohner*innen gesucht. Dafür gibt es mittlerweile sogar bereits Wohnpartner-Portale, eine Mischung aus Partnerbörse und Immobilienvermittlung (z.B.: gold-wg.com).

Ausführlich ging Fuhrhop am Beispiel der Münchner Wagnis-Genossenschaft auf das Modell des gemeinschaftlichen Wohnens in Genossenschaftsform ein. Mit "wagnisART" (Details dazu hier!) entstanden im Norden Schwabings knapp 140 unterschiedlich geförderte sowie frei finanzierte genossenschaftliche Wohnungen in fünf Passivhäusern. In ihnen steht das gemeinschaftliche Wohnen im Zentrum. Neben Standard-Wohnungen wird eine neue Form von Gemeinschaftshaushalten angeboten. Diese so genannten Wohnungs-Cluster kombinieren individuelles Wohnen mit Lebensformen der Wohngemeinschaft.

Der Name wagnisART erinnert nicht nur an die ehemalige Künstlerkolonie, die auf diesem Gelände angesiedelt war, sondern steht auch für eine zukunftsorientierte Lebensart. Es geht um ein gemeinschaftliches Miteinander als urbanes Leben in kreativer, aktiver und generationenübergreifender Nachbarschaft. In den gebäude-Komplexen gibt es Musikräume, Räume für Waschen und Nähen, Gemeinschaftsräume in verschiedener Größe, Gästezimmer, Dachgärten.

Durch die verschiedenen Finanzierungsformen ist es möglich geworden, dass diese Wohnungen auch für Menschen mit niedrigem Einkommen erschwinglich sind – und dies im äußerst teuren Münchner Wohnungsmarkt.

Eine weitere Möglichkeit, dem Wohnraummangel abzuhelfen, ohne auf Neubau setzen zu müssen, ist der Wohnungstausch: Wenn sich die Wohnumstände und die Personenzahl ändern, dann kann eine zu groß gewordene Wohnung gegen eine kleiner Wohnung getauscht werden, die diesen Mietern (beispielsweise bei Familienzuwachs) zu klein geworden ist. Voraussetzung dafür ist aber natürlich, dass sich die finanzielle Belastung (Quadratmeter-Preis!) nicht ändert. Fuhrhop plädierte deshalb abschließend für eine "Bürgerbeteiligung für Nicht-Bauen", bei der gemeinsam nach Lösungen gesucht werden sollte, vorhandenen Wohnraum besser zu nutzen.

Weiterführende Links:

Daniel Fuhrhop: Stadtwandel im Zeichen des Klimawandels

Verbietet das Bauen - Der Blog gegen die Bauwut

Unabdingbar für ein gutes Leben: das Dach über dem Kopf

 

Referent:
Daniel Fuhrhop

ist spätestens seit seinem großen Erfolg seiner Streitschrift »Verbietet das Bauen!« ein gefragter Interviewpartner. Mit Ideen für Wohnungssanierung, innovative Wohngemeinschaften oder grünere Städte erreicht er ein breites Publikum – Bürger(innen) und Architekt(inn)en, Umweltschützer(innen) und Stadtplaner(innen). In seinem aktuellen Buch hat der ehemalige Architekturbuch-Verleger die Erfahrungen der letzten drei Jahre in einem kurzweiligen Ratgeber zusammengefasst. Privat zieht er gerade in eine kleinere Wohnung um – mit Gemeinschaftsräumen.

Partner

Evangelisches Bildungswerk Bamberg e.V.