Petra Kelly-eine Inspiration! Eine Kämpferin für Frauenrechte, Klima und Frieden

Podcast

In unserem neuesten Podcast sprechen Lukas Beckmann und Margarete Bause über Petra Kellys Vision, ihren politischen Nachlass und ihre Bedeutung für heutige Umweltaktivist*innen. 
Ein inspirierendes Zeitzeugengespräch, das tief in die Weltanschauung der grünen Symbolfigur eintaucht.
Und wir fragen: Wie hat Petra Kelly euch inspiriert? 

Lesedauer: 41 Minuten
Lukas Beckmann und Petra Kelly in der 80er Jahre

Wir werden oft gefragt, warum wir so heißen: Petra-Kelly-Stiftung, obwohl wir de facto die Heinrich-Böll-Stiftung in Bayern sind. Petra Kelly kam aus Bayern, aus Günzburg, und die Gründer*innen unserer Stiftung wollten unsere politische Bildungsarbeit einer so prägenden bayerischen politischen Figur widmen.

Petra Kelly ist leider in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten, aber der neue Film von Doris Metz „Petra Kelly - Act now!“, der vor wenigen Wochen bundesweit in den Kinos angelaufen ist, wirkt dem entgegen. 
Wir selbst haben den Film am 11.09. in München gezeigt mit anschließender Diskussion mit Lukas Beckmann (Mitbegründer der Grünen und der Heinrich-Böll-Stiftung und politischer Weggefährte von Petra Kelly), Amrei Küsel (von Fridays for Future München) und Doris Metz (die Regisseurin). Thema dabei war der politische Nachlass von Petra Kelly und ihre Bedeutung für Aktivist*innen der jetzigen jungen Generationen.

Bei dieser Gelegenheit trafen sich Lukas Beckmann und Margarete Bause am Tag nach der Filmvorführung in den Studios von Radio Lora und sprachen über Petra Kelly als Person, als Feministin und als politische Aktivistin. Herausgekommen ist ein wirklich schönes und ehrliches Gespräch, das Einblicke in ihr Denken und ihre Weltanschauung, aber auch in ihr Verhältnis zur Grünen Partei gibt und quasi als „Zeitzeugengespräch“ fungiert, damit sich heutige und zukünftige Generationen weiterhin von dieser Person inspirieren lassen und aus den Fehlern der Vergangenheit lernen können.

Uns interessiert noch: wie hat euch Petra Kelly inspiriert?

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Shownotes:

Bildrechte: Archiv Grünes Gedächtnis

Musik Credits: 

"Smooth Move" Kevin MacLeod (incompetech.com)
Licensed under Creative Commons: By Attribution 4.0 License
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ 
 

Transkript:

Intro: Bei unseren Veranstaltungen werden wir oft gefragt, warum wir so heißen: Petra-Kelly-Stiftung, obwohl wir de facto die Heinrich-Böll-Stiftung in Bayern sind.

Oh well, wir heißen einfach so, weil Petra Kelly aus Bayern, aus Günzburg kam und die Gründer*innen unserer Stiftung unsere politische Bildungsarbeit einer so prägenden bayerischen politischen Figur widmen wollten.

Petra Kelly ist leider in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten, aber der neue Film von Doris Metz „Petra Kelly- Act now!“, der vor wenigen Wochen bundesweit in den Kinos angelaufen ist, wirkt dem entgegen.

Wir selbst haben den Film am 11.09. in München gezeigt mit anschließender Diskussion mit Lukas Beckmann (Mitbegründer der Grünen und der Heinrich-Böll-Stiftung und politischer Weggefährte von Petra Kelly), Amrei Küsel (von Fridays for Future München) und Doris Metz

(die Regisseurin). Thema dabei war der politischen Nachlass von Petra Kelly und ihre Bedeutung für Aktivist*innen der jetzigen jungen Generationen.

Bei dieser Gelegenheit trafen sich Lukas Beckmann (der übrigens die Familie von Petra Kelly in unseren Gremien vertritt) und Margarete Bause (Vorstandsmitglied) am Tag nach der Filmvorführung in den Studios von Radio Lora und sprachen über Petra Kelly als Person, als Feministin und als politische Aktivistin. Herausgekommen ist ein wirklich schönes und ehrliches Gespräch, das Einblicke in ihr Denken und ihre Weltanschauung, aber auch in ihr Verhältnis zur Grünen Partei gibt und quasi als „Zeitzeugengespräch“ fungiert, damit sich heutige und zukünftige Generationen weiterhin von dieser Person inspirieren lassen und aus den Fehlern der Vergangenheit lernen können.

Wer sich noch nicht mit Petra Kelly beschäftigt hat und eine Art „Einführung“ in ihr politisches Leben braucht, kann sich übrigens zunächst die Podcast-Episode anhören, die wir 2022 in Zusammenarbeit mit Herstory Podcast produziert haben. Den Link findet ihr natürlich in den Shownotes.

Viel Spaß beim Hören, wir sind gespannt auf Eure Rückmeldungen!

Margarete Bause: Lukas, gerade ist der neue Film über Petra Kelly in die Kinos gekommen: „Petra Kelly- Act now!“ von Doris Metz. Du bist einer der engsten Freunde und Wegbegleiter von Petra Kelly gewesen. Was bedeutet es für dich, diesen Film heute zu sehen? Welche Erinnerungen, Gefühle werden bei dir wach? 

Lukas Beckmann: Dadurch, das bedeutet mir sehr viel, weil es ein Rückblick ist auf eine lange gemeinsame politische Geschichte hat, angefangen mit der gemeinsamen Vorbereitung der Gründung der Partei die Grünen, wo Petra Kelly die herausragende Persönlichkeit war in den ersten Jahren. Aber wir waren verbunden von Ende der 70 er, also seit Gründung der Grünen, bis zu ihrem Tod, und das ist eine lange gemeinsame Geschichte. Wir haben viel zusammen erlebt, und ich bin sehr froh, dass heute, nachdem Petra Kelly etwa 30 Jahre keine öffentliche Person mehr war, dass sie jetzt in die Gegenwart geholt wird mit diesem Film, weil ich glaube, dass ihre Empathie, ihre Unbedingtheit und vor allen Dingen auch ihr Verständnis von Politik machen, also von politischen Meinungsbildungsprozessen, Veränderungsprozessen, dass es gut ist, da noch mal drauf zu gucken. 

Margarete Bause: Und was bedeutet Petra Kelly heute für dich? 

Lukas Beckmann: Es ist vor allen Dingen der Aspekt ihres in den Usa gewachsenen Politikverständnisses. Petra Kelly ist ja mit elf Jahren mit ihren Eltern nach Amerika gegangen, hat dort studiert an der American University und hat sehr viel gelernt von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, also sie war, sie hat, sie war im Umfeld von Martin Luther King, später hat sie dann auch Wahlkampf gemacht für Bob Kennedy. Sie, hat viel Gewalt erlebt, hat die Ermordung von Martin Luther King und auch von Robert Kennedy miterlebt, und daraus ergeben sich ja fragen, wie können eigentlich Gesellschaften verändert werden? Also wie ist das Verhältnis von Politik und Gesellschaft, und was braucht eine Demokratie, um nicht nur zu verwalten, sondern auch um zu verändern, und ich glaube, dass heute die Frage wichtig ist, darauf Bezug zu nehmen, weil wir die Kernprobleme, mit denen wir uns heute herumschlagen, als Gesellschaft im Grunde genommen die gleichen Fragen waren, die wir vor 40 Jahren hatten, vielleicht hier und da anders akzentuiert, aber im Grunde genommen waren es die gleichen Fragen, und wir sind nicht fertig geworden damit, weil wir in vielen Punkten nicht die notwendigen Antworten haben und auch in vielen Punkten nicht die notwendige Unterstützung in der Bevölkerung, und das hat viel damit zu tun, wie wir Politik machen, und gar nicht so viel damit, was wir wollen. 

Margarete Bause: Mhm spannend können wir gleich noch mal vertiefen. Also ich bin ja so Anfang Mitte der 80 er Jahre aus der Frauenbewegung zu den Grünen gekommen, und ich erinnere mich, dass Petra für mich als junge Frau Anfang 20 ein großes Vorbild war, gerade als Frau, weil sie ja sich nicht nur für Ökologie und Frieden eingesetzt hat, sondern insbesondere eben auch die Männerbündelei, das Patriarchat, kritisiert hat und sie als starke Frau in der Öffentlichkeit stand, und das hat mich schwer beeindruckt. Also für mich war sie ein ganz, ganz wichtiges Vorbild und sicherlich auch mit dafür ausschlaggebend, dass ich mich dann bei den Grünen engagiert habe. Petra Kelly wird ja von vielen Menschen als charismatisch beschrieben. Hast du das auch so wahrgenommen, und wenn ja, worin lag eigentlich ihr Charisma? 

Lukas Beckmann: Wenn Petra in den Raum kam, hat sich dieser Raum verändert, ganz unabhängig davon, ob es ein kleiner Raum war oder ob es ein großer Raum war. Sie war für mich in gewisser Weise ein Medium. Sie hat zum Teil große Veranstaltungen gehabt mit 1000, 2000 Leuten, und wenn sie in einen Raum gekommen ist, dann hat sie innerhalb von wenigen Sekunden erfasst, wie die Stimmung ist. Sie hatte Wahrnehmungsantennen, die nicht alle haben oder die nur wenige haben, und sie wusste dann auch, wie man Menschen erreicht, wie man sie anspricht und wie sie überzeugt. Das ist sozusagen, das habe ich oft erlebt, und diese Kapazität hatte sie aber auch im kleinen. Also ich erinnere mich, dass ich am Vorabend des Gründungsparteitag im März 79 direkt neben ihr saß, und sie ergriff das Wort. Alle hören gebannt zu, und als dann jemand nach ihr sprach, schrieb sie was auf, und ich guckte so rüber, und sie schrieb in einer Geschwindigkeit, in der ich lese, mit der Hand. Sie hat ja alles mit der Hand geschrieben. Es gab ja zu der Zeit keine digitale Welt. Wir sind sozusagen alle analog groß geworden, mit Schreibmaschine und mit der Hand geschrieben, und so beantwortete sie auch übrigens viel Post von ihr, also was sie selbst an Postkarten, an Briefen, an kurzen Notizen geschrieben hat. Insofern war diese Geschwindigkeit für sie auch existenziell, aber ungewohnt für mich absolut ungewohnt. 

Margarete Bause: Aber das erfordert ja auch viel Kraft, also diese Aufmerksamkeit für Menschen, diese Geschwindigkeit, auch das, was sie ausgezeichnet, was viele Wegbegleiter beschreiben, wie schnell sie war im Denken und im Reden, mit wie vielen Menschen sie sich zugewandt hat. Hast du eine Idee, wo sie diese Kraft hergenommen hat? 

Lukas Beckmann: Eine wichtige Rolle spielte die Familie. Sie hatte ja eine sehr enge Beziehung zu ihrer Großmutter, aber auch zu ihren Eltern und später dann auch zu ihrem Bruder, auch wenn die sich gar nicht so oft gesehen haben. Die haben sich einige Male im Jahr gesehen. Sie war in der Regel zwei bis dreimal in den USA, aber die Eltern waren auch zweimal in Deutschland, haben die Großmutter besucht. Also das war sicherlich eine wichtige Kraftquelle. Besonders wichtig war ihre verstorbene Schwester, also sie hat das Leid ihrer Schwester, die an Krebs erkrankt war und das Auge dann kaputt war und nicht gerettet werden konnte und die dann auch im Alter von elf Jahren verstorben ist. Das hat sie…Der frühe Tod ihrer Schwester wurde zum Ausgangspunkt eines besonderen Engagements, was die Gefährlichkeit von Radioaktivität angeht, und das war nicht nur fokussiert auf Atomkraftwerke und Atomwaffen, sondern sie hat diesen Prozess von Anfang an durchleuchtet, also auch schon der Abbau von Uran, ist dann nach Australien geflogen, hat sich dort mit den Bergarbeitern getroffen, sie hat die Opfer von Hiroshima und Nagasaki besucht, war letztlich viele Jahre auf der jährlichen Konferenz gegen Atom und Wasserstoffbomben in Japan, und das hat alles eine, also diese Energie kam auch aus dieser Erfahrung. 

Margarete Bause: Wenn ich an Petra Kelly denke, dann fällt mir auch eine Episode ein. Ich war vor einigen Jahren, als ich noch im Landtag aktiv war, im bayerischen Landtag, mit einer politischen Delegation, mit Ausschluss des Landtags im Baskenland und unter anderem in Guernica, und dort haben wir auch das Friedens Zentrum in Guernica besucht, das an die brutale Zerstörung der Stadt durch die Deutsche Legion Condor auf Befehl Hitlers im Jahr 1937 erinnert, und ich war total erstaunt und auch erfreut, als ich dort in diesem Friedens Zentrum ein Foto von Petra Kelly gesehen habe, und hab dann eigentlich erst erfahren, dass sie die erste Deutsche Politikerin war, die schon 1987 auf die Deutsche Schuld für Guernica hingewiesen hat und die sich auch entschuldigt hat und die Unterstützung des Friedens Zentrums durch Deutschland angeregt hat. Und es hat danach dann noch zehn Jahre gedauert, bis eine offizielle Entschuldigung kam. Roman Herzog, der damalige Bundespräsident, hat sich dann offiziell zur deutschen Schuld bekannt, und das zeigt, wie du auch gerade schon gesagt hast, dass Petra alle international gedacht hat, gearbeitet hat, agiert hat, aufgetreten ist, dass sie eine globale Aktivistin war, und sie hat sich für die Menschenrechte in Tibet genauso eingesetzt wie für die Opfer des Urans in Australien, sie hat in Berlin demonstriert, sie war in Moskau, also auch Blockübergreifend, und oft wird heute noch gesagt, dass sie im Ausland eigentlich präsenter war und auch heute noch ist als in Deutschland. Hast du das auch so wahrgenommen? Und wenn ich heute die Leute nach Petra fragen, was ist eigentlich sozusagen in den Köpfen geblieben von ihr? 

Lukas Beckmann: Bei der jüngeren Generation ist sie ja heute leider gar nicht mehr präsent. Vielleicht ändert sich das ein Stück weit auch durch den Film und durch die Aufmerksamkeit, die der Film bekommt, durch die Einbeziehung von Fridays For Future. Petra Kelly war in Deutschland sehr schnell eine sehr prominente Figur in der Zeit von 1979, 80, 83, da kannten ihren Namen eigentlich fast alle. Sie war aber in der Breite der Bevölkerung, was ihre sozusagen politische Präsenz anging, also nicht nur die Bekanntheit ihres Namens, sondern auch in Verbindung mit ihren Zielen, die sie vertrat, war sie in den USA bekannter. Also, sie wurde regelmäßig in den USA als auch in England zu wichtigen Fernsehdiskussionen eingeladen. Petra Kelly war in den 80er-Jahren in den USA viel prominenter als Helmut Kohl zum Beispiel. Das kann man sich heute schwer vorstellen. Aber das war so, und das hatte damit zu tun, dass sie ja auch sozusagen eine US-amerikanische Biografie hatte, dort studiert hat, dort enge Kontakte hatte zum politischen Establishment, die auch zum Teil sehr hart angegangen ist, auch schon als Studentin. Also das, sie ist an die Universität nach Washington gegangen, weil die eine internationale Ausrichtung hatten. Dann kommt sie da hin und stellt fest, ja, das ist aber nur auf Papier, es gibt gar keine internationalen Begegnungen. Dann hat sie drei Jahre hintereinander internationale Wochen organisiert, und sie hat diese Wochen so organisiert, dass große Artikel in der Washington Post erschienen sind, zum Beispiel, sie hatte die Fähigkeit, eine mediale Aufmerksamkeit zu erreichen. Das hatte sie schon damals, und diese Qualität hat sie auch in Deutschland und international immer wieder bewiesen. Also, sie konnte Bilder prägen. 

Margarete Bause: Es gibt ja heute noch einige sehr ikonische Bilder von ihr und mit ihr. Petras Erfolg und ihre Ausstrahlung und ihre internationale Reputation sind das eine, und auf der anderen Seite musste sie ja auch ganz schmerzhafte Niederlagen einstecken, zum einen im Bundestag, wo wir das in dem Film auch gezeigt, wird sie sehr schnell auch irgendwie fremdelt mit den Machtspielchen, die dort praktiziert worden, wo sie viel Häme und viel Anfeindungen verkraften musste, und zum anderen auch innerhalb der grünen Partei, wo sie nach einem sehr rasanten Aufstieg auch relativ schnell vom Zentrum an den Rand befördert wurde. Wie hast du ihre Arbeit und die Auftreten im Bundestag wahrgenommen, zum einen und zum anderen. Wie erklärst du dir, dass sie innerhalb der grünen Partei so schnell dann an den Rand gedrängt werden konnte? 

Lukas Beckmann: Es gibt dafür sicherlich ganz verschiedene Gründe. Also ihre Reden im Bundestag habe ich ähnlich erlebt wie sie selbst, wie sie das auch in dem Film beschreibt, dass sie einfach gegen diese Männer Wand nicht durchkommen, da nicht durchdringen kann. Das hatte damit zu tun, dass sie im Deutschen Bundestag im Grunde genommen plötzlich wieder konfrontiert war mit Strukturen, Institutionen, Verhaltensweisen, Debatten und Kulturen, die sie in Brüssel verlassen hatte und auch verlassen wollte. Sie hat dort fast zehn Jahre gearbeitet als Verwaltungsrätin im Wirtschafts- und Sozialausschuss der Europäischen Gemeinschaft. Sie hatte eine außerordentliche Karriere gemacht. Also sie war schon als 24-Jährige, ls sie da gearbeitet hat, wurde sie eingeladen, zum Beispiel von der Theodor Heuss Stiftung zu Vorträgen zu Europa. Und wo sie die Frage stellt, die Europäische Gemeinschaft baut Europa. Aber wo sind eigentlich die Europäerinnen und Europäer? Also die Frage, die uns heute sehr stark beschäftigt, also, was ist eigentlich der innere Zusammenhalt von Europa? Das sind Fragen, die sie damals als 24 Jährige so auf den Punkt gebracht hat, dass anerkannte Institutionen es für Wert befunden haben, sie als Hauptrednerin einzuladen. Die Institutionen selbst: sie war überzeugt davon, dass Europa eine wichtige Konstituierung ist, dass es für den Kontinent wichtig ist, sich auch institutionell zusammenzuschließen, um in Zukunft in Frieden leben zu können. Aber sie hat diese Form der Institutionalisierung, das hat sie fast nicht ausgehalten, und jetzt kommt sie in den Bundestag und macht institutionelle eine ganz andere Erfahrung. Und hinzu kam, dass sie ja in der Vergangenheit, also aus der Perspektive Deutscher Bundestag, war in der Vergangenheit institutionell in Brüssel eingebunden, und sie fuhr dann abends und an Wochenenden und im Urlaub auf politische Reisen nach Deutschland und ins Ausland, und die Auslandsreise hat sie gemacht als Person. Damals gab es die Grünen ja noch gar nicht. Sie war legitimiert als Person, weil sie sich mit Sachfragen in einer Tiefe und Radikalität auseinandergesetzt hatte, wie ich das sonst bei anderen nie wieder erlebt habe. Petra wusste, wovon sie spricht, egal zu welchem Thema, ob das Renten waren, Sozialpolitik, Gesundheitspolitik, die Gefährlichkeit von Asbest in den Bremsen von Autos, das sind alles Themen, Kinderkrebs, verursacht durch Atomkraftwerke im Normalbetrieb, hatte sie eine Studie in Auftrag gegeben, Mitte der siebziger Jahre. Alles Fragen, die lebendig wurden durch ihre Persönlichkeit als Selbstlegitimation. Jetzt kommt sie aber in den Bundestag, und sie wird legitimiert. Sie wurde gewählt und spricht jetzt nicht nur sozusagen aus ihrem inneren Kern, sondern sie spricht als Gewählte. Sie ist verpflichtet, anderen gegenüber, die sie gewählt haben. Sie muss in der Grünen Bundestagsfraktion dafür kämpfen, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sein zu dürfen und dafür zu sprechen. Sie muss dafür kämpfen, ein Krebsregister zu fordern, was für sie selbstverständlich war, was von den Grünen radikal aus Datenschutzgründen abgelehnt wurde. Das war nach der Studie, die sie gemacht hatte, wo nachgewiesen wurde, dass Krebs erkrankte Kinder in der Region des Atomkraftwerks Lingen. Das war damals das Atomkraftwerk, weil es als zweites gebaut worden ist, dass die Krebskranken verteilt wurden auf die verschiedensten Krankenhäuser, damit nicht signifikant wird, wie sich das geographisch konzentriert hat, das wusste sie alles. Sie wollte das Ausweiten bezogen auf andere Regionen, wurde aber von den Grünen daran gehindert. Dann spielte eine große Rolle, dass kaum jemand bei den Grünen damals diese Dimension von institutioneller Erfahrung hatte, in Brüssel, aber schon gar nicht die Dimension von internationaler Erfahrung. Die Grünen waren sehr national aufgestellt, bezogen auf die Atomkraftbewegung, bezogen auf die dritte Weltbewegung. Und auch die dritte Weltbewegung war, wo man ja im ersten Augenblick sagt, ja, das ist eine internationale Bewegung, sie hatte eine internationale Perspektive, ein internationales Problembewusstsein, aber die Aktionsformen waren sehr national ausgerichtet. Bei der Frauenbewegung, würde ich sagen, war das etwas weniger, und sie hatte im Vorfeld der Gründung der Grünen waren ja ihre Plattform, der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, vor allen Dingen aber, und das ist oft untergegangen, die jungen europäischen Föderalisten und die jungen europäischen Föderalisten hatten eine Zeitschrift, das Forum, und dort publizierte sie, dort war sie über mehrere Jahre Chefredakteurin, und dort konnte sie publizieren zu den verschiedensten Themen, also zu ökologischen Themen, zu Frauenfragen, zu internationalen Fragen, und das hat sie genutzt. Und die JEF also die junge europäische Föderalisten, wo sie damals war, zusammen mit Roland Vogt, und auch Jo Leinen, das war ein Feld, was eine Teilöffentlichkeit herstellte für sie, die dann nachher sehr wichtig wurde in dem Gründungsprozess der Grünen. 

Margarete Bause: Und nochmal zurück zu den Grünen, also als sie zuletzt, ich glaube, es war 1990, für den Bundesvorstand der Grünen kandidiert hat, da hatte sie ja noch mehr irgendwie ein paar und 30 Stimmen bekommen. Wie konnte das passieren, dass sie sozusagen so vom Zentrum an den Rand gerutscht ist? 

Lukas Beckmann: Sie beschreibt ja in dem Film selbst, mit welcher Skepsis sie letztlich auf Parteien, auf Parteistrukturen geschaut hat, in dem Partei Werdungsprozess der Grünen. Das gleiche war ihr ja auch schon passiert bei der SPD. Sie war ja vorher Mitglied bei der SPD und hatte die Hoffnung, dass über die „sonstige politische Vereinigung“, da waren wir ja noch nicht richtig, eine Partei sich Strukturen herausbilden, die den Blick nach innen entschärfen und den Blick nach außen in die Gesellschaft fokussieren. Und sie hat dann die Erfahrung gemacht, dass die Grünen damit nur ein Stück weit weitergekommen sind. Sie waren auf der einen Seite keine traditionelle Partei, sie hatten in dem Sinne keine Parteigeschichte, aber sie waren in der Herangehensweise des Politikmachens, also wie arbeitet man in Ausschüssen, wen bezieht man als gesellschaftliche Kräfte mit ein, dass alles auch bezogen auf die machtpolitische Frage, was bedeutet eigentlich Macht. Hat man sie nur in der Koalition, oder hat man sie nicht auch wesentlich in der Opposition, was man heute sehr genau beobachten kann an der AfD, leider? Das waren die Fragen, mit denen sie sich beschäftigt hatte, und auch da war sie sehr stark geprägt von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, denn sie hatte unmittelbar die Erfahrung gemacht mit Frauen, die sich in einen Bus setzen als schwarze Frauen, der eigentlich nur für Weiße vorgesehen war, und die setzen sich da rein und stehen einfach nicht mehr auf. Und diese einfache, entschiedende, öffentlich wahrnehmbare Verhaltensweise hatte ihr den Eindruck vermittelt, dass man eine unglaubliche Veränderungsmacht erzeugen kann, einfach mit Worten und mit Haltung, und dieses Politikverständnis hat sie auch in die Grünen hineingetragen. Das hat sich, die Partei hat sich dann anders entwickelt, und das führte dann letztlich auch zu dieser Entfremdung, die in diesem Wahlergebnis in Neumünster zum Ausdruck gekommen ist. 

Margarete Bause: Mhm, du hast gerade schon das Thema soziale Bewegung angesprochen. Die Bedeutung im Film ist ja in vielen Zitaten von Petra Kelly geht's immer wieder um den zivilen Ungehorsam. Sie hat sich an einer Stelle auch auf ein höheres Gesetz berufen, was sozusagen wichtiger ist als die staatlichen Gesetze. Und wenn ich das heute mir so anhöre, dann beschleicht mich so ein gewisses Unbehagen dabei, weil heute kommen solche Begriffe von rechts außen, von den Rechtsextremisten genauso wie die Parteien und Eliten Kritik, die Petra Kelly ja auch sehr stark gemacht hat. Wie geht es dir damit? Haben die, die Rechtsextremisten, die Begriffe der linken gekapert, und wie, wie können wir damit umgehen? 

Lukas Beckmann: Ähm, es gibt ja keine Besitzansprüche, was bestimmte Begriffe angeht, sondern das ist: Ähm, Parteien versuchen, bestimmte Begriffe zu besetzen. Die Grünen waren da dann nicht immer sehr klug, vor allen Dingen was den Begriff der Freiheit angeht. Den haben sie zu lange anderen Parteien überlassen. Das hat sich dann später gottseidank geändert. Man kann, wenn man die auf die Begrifflichkeit von Petra Kelly heute schaut, kann man das nicht verstehen, ohne die Zeit und den Zeitgeist damals mit einzubeziehen. Also wenn man jetzt sagt, sie hat damals von einem höheren, sozusagen von einer höheren Instanz gesprochen, sie bezog sich dann auf das Gewissen. Das auf heute zu übertragen, wäre bezogen auf die Auseinandersetzung damals, die wir hatten, falsch. Trotzdem verstehe ich, dass sich das sozusagen partiell auch beunruhigt, weil da eine gewisse Unschärfe drin war. Wir, diese Begrifflichkeiten sind ja entstanden, oder diese Formulierung sind entstanden in einer Zeit, wo wir mit jährlich Hunderttausende auf der Straße waren, sowohl gegen Atomkraftwerke als dann auch einige Jahre später in der Friedensbewegung gegen die Stationierung von Pershing 2 und Cruise Missile in den 80er-Jahren. Trotzdem wurden wir nicht gehört, das heißt, wir hatten nicht die Möglichkeit, aus ihrer Perspektive uns auf Demokratie zu berufen oder auf das Parlament. Mhm, wir wollten da rein, wir wollten da Mitsprache. Aber die Alltagserfahrung war ja, es gibt existenzielle Fakten, und die werden von der Mehrheit des Parlaments einfach nicht ernst genommen, und es gibt Hunderttausende Bürger und Bürgerinnen, die auf die Straße gehen, und sie werden nicht gehört. Und dann stellt sich natürlich die Frage, was ist eigentlich die Basis der Argumentation? Also was legitimiert mich? Und natürlich war Petra Kelly eine Persönlichkeit, die nicht davon ausgegangen ist zu sagen, ich höre jetzt erst mal auf die gesamte Breite der Bevölkerung, um zu wissen, was ich im Parlament vertreten soll, sondern sie hatte ganz klare Ziele und fühlte sich diesen Zielen, aber auch den Menschen verpflichtet, die diese Ziele vertreten haben. Und so ist das zu verstehen, dass sie ihr Gewissen nicht sozusagen über die Verfassung stellen wollte, sondern darauf hinweisen wollte, dass Abgeordnete auch ein Gewissen haben und sich darüber im klaren sein müssen, dass sie irgendwann mal zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie lebensgefährdende Beschlüsse fassen. 

Margarete Bause: Was mich in dem Film auch tief berührt hat, war das Ausmaß der Bedrohung, die sie erfahren hat, also nicht nur Beleidigungen, sondern tatsächlich Psychoterror, auch tägliche Angriffe. In dem Film wird auf die Lyndon LaRouche Gruppe verwiesen, die damals wohl hauptsächlich in den USA aktiv war, aber auch hier bei uns. Was war das eigentlich für eine Gruppe, und wie bedrohlich war das tatsächlich? 

Lukas Beckmann: Das war eine rechtsradikale Gruppe, die zu jeder Landtagswahl, Bundestagswahl und Europawahl angetreten ist hier in Deutschland mit dem Konter Fall von Helga Zepp-LaRouche, die Frau von LaRouche, der sozusagen wie in den USA lebte. Das Ziel dieser Gruppe war Zersetzung. Der Geschäftsführer von der EAP, also der europäischen Arbeiterpartei, so nannten sie sich ja… Der Geschäftsführer davon war der Schwager vom Chef des deutschen Verfassungsschutzes in Köln. Wir haben uns oft gewundert, warum die eigentlich immer alles wissen, wo wir sind, was wir machen, wo wir gerade auftauchen, und so, und hatten irgendwann mal den Eindruck, ohne das wirklich beweisen zu können, dass das vielleicht damit zu tun hat, weil wir ja auch bezogen auf konkrete Bedrohungssituation von der Polizei geschützt wurden. Aber nach Untersuchungen, was so Drohbriefe angeht, haben wir nie eine Unterstützung erfahren vom Verfassungsschutz. Petra Kelly wurde immer, wenn sie in die USA flog, egal ob sie in New York, in Washington, oder auch an der Westküste gelandet ist, in Kalifornien. Sie wurde immer von einer Truppe auf dem Flughafen mit transparenten empfangen, beschimpft, wurde körperlich angegriffen, und das gehörte dazu, und die haben dann, die hatten dann ihre Bilder, ihre Medien aufnahmen und haben damit intern in rechten, rechtsradikalen Kreisen Werbung gemacht. Das Ziel war Zersetzung. Die hatten kein eigenes politische sehen. 

Margarete Bause: Ich meine, das ist uns ja heute auch nicht so ganz fremd. Gerade politisch starke engagierte Frauen werden ja sagen, ganz bewusst, in der Öffentlichkeit niedergemacht werden, werden angegriffen, werden beleidigt, sollen eingeschüchtert werden, dass sie sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen. Hat sich da tatsächlich so wenig geändert in den 40 Jahren? 

Lukas Beckmann: Geändert hat sich vor allen Dingen die Qualität der Kommunikation dadurch, dass sie digitaler geworden ist. Das ist einfach eine andere Kategorie. Petra Kelly hatte damit zu tun im analogen Zeitalter, das heißt, sie wieder war damit entweder durch Briefe, handschriftliche Briefe oder Maschinen geschriebene Briefe oder aber unmittelbar physisch berührt. Es gab öfter Situationen, auch bei Veranstaltungen von mir, da bekommt man einen Zettel aufs Podium geschoben, du musst sofort auf der Intensivstation anrufen, deine Freundin hatte einen schweren Unfall, oder man hat die Mutter von einem Auto gelöst und ist aus der nächsten Kurve rausgeflogen. Das waren Erfahrungen, die wir damals gemacht haben, und bei Petra kam einfach hinzu, dass der der Grad der Bedrohung auch durch Anrufe, durch Beschimpfungen, durch Pakete mit blutiger Wäsche, Pakete mit toten Tieren, das war zum Teil für sie schwer auszuhalten, denn es gibt ja vom Bundeskriminalamt immer so eine gefährdeten Liste, so ein Ranking. Sie war in Bonn viele Jahre die gefährdetste Person auf Platz eins, also vor Willi Brandt und anderen, aber sie wollte keinen Polizeischutz, sie wollte sich dem stellen. Ich habe sie auf Veranstaltung mehrmals ohne ihr Wissen schützen lassen.. die standen hinter der Bühne, sodass sie das gar nicht mitbekommen hat, weil es einfach nicht mehr vertretbar war, weil die Gefahr zu groß war. Aber sie selbst hatte den Anspruch, jedenfalls über lange Zeit. Das hat sich dann später, als sich das Zuspitzen auch ein bisschen geändert. Aber über lange Zeit hatte sie den Anspruch, das in der direkten Konfrontation mit den Menschen, die sie angreifen, zu regeln, und irgendwann war das aber nicht mehr möglich, und es hat sie beschäftigt. Das hat sie psychisch und physisch beschäftigt und hat sie ihr auch eine enorme Energie gekostet. 

Margarete Bause: Ja, ich finde die Bedeutung des Films von Doris Metz liegt in erster Linie darin, dass sie die Leistung, die Lebensleistung von Petra Kelly in den Mittelpunkt stellt und wieder in Erinnerung ruft, weil sonst, wenn man sozusagen mit Petra Kelly sich beschäftigt, dann ist eigentlich immer sofort ihr Tod Thema, ihr gewaltsamer Tod. Und das macht dieser Film ja zum Glück nicht. Aber natürlich kommt er nicht umhin, auch ihren gewaltsamen Tod zu thematisieren. Und Otto Schilly spricht in dem Film genauso wie du davon, dass es Mord war, dass Petra Kelly von Gerd Bastian ermordet wurde, und das ist ja nun also unglaublich tragisch und dramatisch, auch für eine Frau, die sich Zeit ihres Lebens für Gewaltfreiheit und gegen Männergewalt eingesetzt hat, dass ausgerechnet sie zum Opfer eines Femizids wird. Und lange Zeit gab es bei den Grünen, aber auch in der Öffentlichkeit die These, es sei ein Doppel Suizid gewesen, also es hätte ihre Zustimmung zum Tod vorgelegen, und es gab ja dann auch eine gemeinsame Trauerfeier für Petra Kelly und Gerd Bastian. Ihre Bilder waren dann beide auf der Bühne, sieht man auch sehr gut in dem Film, und du sagst dann auch in dem Film, dass das falsch war. Dass das ein Fehler war, finde ich sehr mutig und gut, dass du das auch so ausdrückst. Aber wie kam es eigentlich zu dieser Einschätzung, zu dieser Wahrnehmung, dass es ein doppelt Suizid war? Warum hat sich das so lange gehalten, und worauf fußt eigentlich heute diese Erkenntnis: Es war Mord. 

Lukas Beckmann: Die Polizei hat im Grunde genommen einen Tag, nachdem sie in der Nacht gefunden worden, tot in ihrer Wohnung, eine entsprechende Erklärung rausgegeben, dass es ein Doppel Selbstmord war. Diese Interpretation kam nicht von uns, aus dem Freundeskreis, kam auch nicht von der Familie Kelly, die kam von der von der anderen Seite, und die Polizei hat das aufgegriffen. Sie hatte dafür keine Beweise. Wir haben dann, es läuft ja so, es gibt dann ein normalerweise ein Ermittlungsverfahren, dann sagt die Polizei: „gegen Tote ermitteln wir nicht, denn wir haben keinen Zweifel daran, dass Bastian zunächst Petra Kelly erschossen hat und dann sich selbst, und insofern gibt's da nichts zu ermitteln“. Es gab im Freundeskreis von Petra Kelly, insbesondere Lew Kopelew aus Köln oder auch Bärbel Bohley aus Ostberlin, die beide eng mit Petra Kelly befreundet waren, die konnten und die auch Gerd Bastian kannten natürlich, die konnten sich das nicht vorstellen, die konnten sie sich absolut nicht vorstellen, dass er sie erschossen hat, und sind davon ausgegangen, dass dritte beteiligt waren, also dass es eine „Atom-Mafia“ war oder was auch immer. Auf jeden Fall Menschen, die selbst oder aber im Auftrag von anderen die Politik der beiden, die Friedenspolitik, die an die Atompolitik sozusagen nicht mehr ertragen haben. Abgeschlossen wurden die Untersuchungen fünf, sechs Monate später also, sie wurde am 20 Oktober gefunden. Dann gab es die Botschaft Doppelselbstmord von der Polizei, und im April kam dann der Abschlussbericht, und in diesem Abschlussbericht hat die Polizei auch in einem Schreiben an die Familie nochmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie keinerlei Belege dafür haben, dass Petra Kelly aus dem Leben scheiden wollte. Wir wissen das natürlich aus sozusagen aus den Gesetzmäßigkeiten der Medien, wenn man dann ein halbes Jahr später so etwas veröffentlicht, und auch dazu hat es Presseerklärung gegeben und einzelne Zeitungsartikel gegeben, wo das dann korrigiert wurde. Aber weltweit war die Botschaft von einem Doppelten Selbstmord. Das ist zu dieser Veranstaltung, zu dieser gemeinsamen Trauerfeier kam das hing, das hing mit diesen Zweifeln zusammen. Das hängt damit zusammen, dass es eine größere Gruppe gab, von aus dem Freundeskreis der beiden. Das war ja auch in New York. In New York gab es auch diese gemeinsame Feier, die sich das einfach nicht vorstellen konnten nach dem Motto, das kann doch nicht sein! Zwei Personen. Die eine setzt sich für Gewaltfreiheit an, der einer kehrt dem Militär Rücken, geht zur Friedensbewegung, und die enden dann so. Das ging schwer in die Köpfe, und das hat letztlich zu der Entscheidung geführt, zu der also, an der ich ganz wesentlich die Mitverantwortung trage, diese Trauerfeier für die beiden gemeinsam zu machen. Aber es war ein Riesenfehler, weil dadurch im Grunde genommen dieses falsche Bild nochmal verstärkt wurde. 

Margarete Bause: Und man sozusagen gleichzeitig des Opfers gedachte und des Täters. Also, wenn man heute gefestigt davon ausgeht, es war ein Mord, Gerd Bastian hat Petra Kelly ermordet und sich dann selbst umgebracht, dann stellt sich natürlich die Frage nach dem Motiv, und in dem Film spricht sowohl Otto Schilly hoch als auch du über die Vermutung, dass es an Gerd Bastians Verstrickungen, geheimdienstlichen Verstrickungen nach Moskau gelegen haben könnte. Es wird ja da noch mal deutlich gemacht, es ging um die Öffnung der Stasi Akten im Einblick in die Stasiakten. Petra Kelly wollte das, Gerd Bastian hat es immer wieder herausgezögert, wollte das verhindern, und es wird sozusagen vermutet, dass Gerd Bastian mit dem sovietischen Geheimdienst irgendwelche Verbindungen hatte. Gibt es irgendwelche Belege dafür oder auch Hinweise dafür, dass das so gewesen sein könnte? 

Lukas Beckmann: Also, mir sind keine Dokumente bekannt, die das belegen. Es gibt dazu bei, in dem Stasi Unterlagen, gibt es dazu nichts, was erst mal wenig bedeutet, weil wir hatten ja einen bezahlten Agenten des DDR-Auslandsgeheimdienstes bei uns in der Bundestagsfraktion aus Berlin. Dirk Schneider, der war Anfang der 90 er Jahre, wurde der ins Abgeordnetenhaus in Berlin gewählt, musste sich dann prüfen lassen nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz, und auch über ihn wurde nichts gefunden. Das heißt, die Staatssicherheit hatte lange genug Zeit, um in den Bereichen, wo es brenzlig war, und besonders wichtig war und besonders hoch angebunden war, genug Zeit, um Akten zu vernichten. Das ist aber auch kein Beweis dafür, dass auch Akten über Gerd Bastian vernichtet wurden, dass er Kontakte in die DDR hatte, und zwar intensiver und auch enger als andere. Das ist so, das war einfach so. Also die, der Paul Rubinstein Verlag hat einen Film gedreht über die Generelle für den Frieden, und dieser Film wurde, und das ist auch dokumentiert, in Ostberlin, Berlin leitet der wurde besprochen unter Beteiligung von Gerd Bastian, in diesem spielt ja auch selbst natürlich eine Rolle, sowie andere Generele auch. Das ist aber noch kein Beweis dafür, dass er eine sozusagen im Auftrage von jemanden gearbeitet hat. Wir haben uns drei Wochen vor dem Tod der beiden oder vier Wochen vor dem Tod Anfang September bei mir zu Hause getroffen, also Gerd Bastian, Petra Kelly, dann vier, fünf Leute aus unserer Ost-West Arbeitsgruppe, einige Bürgerrechtlerin aus der aus Ostberlin, und da ging es um die Frage, wie können wir als Westler eine Akteneinsicht beantragen bei der Stasi Unterlagenbehörde, ohne dass wir jetzt den Betrieb da völlig stören und dass die Ostdeutschen, die nun zum Teil zehn Jahre im Gefängnis gesetzt hatten, da jetzt warten, weil die Wessis ihre Akten sehen wollen. Und wir haben uns dann in Zusammenarbeit mit dem Schalck-Golodkowski Untersuchungsausschuss und Jochen Gorg als Leiter der Behörde und darauf verständigt, dass wir uns zwei, drei Personen ausgucken, die einen solchen Antrag stellen, und dass deshalb dann alle anderen sich erst mal zurückhalten, um nicht den ganzen Betrieb darauf zuhalten. Und das Ergebnis dieser Vereinbarung war, dass wir für Petra Kelly, für mich und für Gerd Bastian eine beschleunigte Akteneinsicht beantragen, und das stand an, und nun fehlte aber dazu. Das wurde über einen abgeordneten Bundestagsabgeordnete von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, also der Ostdeutsche, wurde das dann auf den Weg gebracht, die auch in dem Schalck-Untersuchungsausschuss war. Sie hat das auch den Weg gebracht und brauchte dann noch die schriftliche Zustimmung von Gerd Bastian und Petra Kelly, und aus diesem Grunde hatte ich um einen Rückruf gebeten. Ich habe die beiden in den USA vermutet zu dem Zeitpunkt, weil ich ihre Kalender in etwa kannte und auch wusste, die sind erst in Wien, dann in Berlin, und dann sind sie in den USA, die diesen Plan hatten, sie zwischenzeitlich geändert. Aber ich hatte um Rückruf gebeten, um das zu klären und auf die Notwendigkeit aufmerksam zu machen, weil die Ingrid Köppe, unsere Abgeordnete, darum gebeten hatte. Und dann rief Bastian mich an, und das war mittags an dem Tag, wo er sie abends erschossen hat, und natürlich, wenn man die Nachricht hört, in der Wohnung von Petra Kelly wurden zwei Tote gefunden und auch weiß, dass jetzt jemand. Ich hatte immer ein Schlüssel von der Wohnung, aber es gab nur sehr wenige, die ein Schlüssel hatten, und Petra Kelly hat immer sehr genau darauf geachtet, das Politische und das Persönliche bezogen auf ihre vier Wände sehr klar zu trennen, und sie hat dann: Ähm, dann war natürlich sofort der erste Gedanke Moment mal, also wann habe ich, die ich das letzte Mal gesprochen, und worum ging es da eigentlich? Und das verstärkt natürlich den Gedanken, dass es dafür einen Zusammenhang geben kann. Aber das ist kein Beweis. Ich kann das nicht mit lässliche Sicherheit sagen. Also für mich bleiben diese Fragen offen, habe auch irgendwann aufgehört, mich damit länger zu beschäftigen. Das ist dann, das sind dann Fragen, mit denen müssen sich Historiker und Journalisten beschäftigen, und ich kann dazu nicht sagen ich, ich vermute, dass, wenn es überhaupt eine Antwort gibt, dann wird es sie geben an dem Tag, wo sich die Archive des KGB öffnen, aber vorher nicht. 

Margarete Bause: Mhm, Also die Antwort, die Historikerinnen zu Petra Kelly jetzt schon geben, ist, dass sie sagen, sie war eine der großen Frauen des zwanzigsten Jahrhunderts, und wenn man aber heute, du hast es auch schon erwähnt, wenn junge Leute fragt, kennt ihr Petra Kelly? Habt ihr den Namen schon mal gehört? dann zucken die meisten mit den Achseln. Wie konnte es denn eigentlich passieren, dass Petra Kelly so in Vergessenheit geraten ist? 

Lukas Beckmann: Das ist nicht leicht zu beantworten, und ich habe darauf auch nur sozusagen Teile.Antworten. Also, einen Grund liegt da denn, dass sie eine Frau war. Ich glaube, dass das bei einem Mann mit einer vergleichbaren Biografie so nicht gewesen wäre, und das geht ja bis in die heutige Zeit. Also, Frauenmorde werden oft sehr viel einfacher abgehakt nach dem Motto, na ja, wer weiß, was da war - Beziehungstat - genau, und wir erleben das also gerade in Berlin, ja in den letzten Jahrzehnten immer wieder, aber auch in anderen Städten, aber in Berlin in besonderer Weise, das auf diese Weise reagiert wird, übersehen wird, die notwendige Sensibilität nicht da ist, und das hat sicherlich auch in diesem Fall eine Rolle gespielt. Dann hat eine Rolle gespielt, dass sie sich selbst ein Stück weit aus den Grünen rausgezogen hatte, also sie hatte. Sie wurde dann ja im Dezember 1990 nicht erneut gewählt. Sie war auch nicht aufgestellt worden, hat dann einige Monate später ihr Büro im Bundestag räumen müssen. Wir haben ihr dann von Seiten der Bundestagsgruppe einen Büroraum zur Verfügung gestellt mit Telefon, Faxgerät, Kopierer und so weiter, wo sie einen eigenen Raum hatte mit einem Schlüssel, wo sie Tag und Nacht rein konnte. Sie wollte darüber, sie wollte da auch tagsüber nicht arbeiten. Also sie wollte sich nicht in die Situation begeben, dass sie dann tagsüber da ist und den alten Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen wieder begegnet. Also, diese Häme wollte sie sich ersparen, und da sie ohnehin eine Nachtarbeiterin war, kam ihr das da auch entgegen. Also diese äußerliche, aber auch innere Rückzug hat eine Rolle gespielt. Dann hat eine Rolle gespielt, dass sie ja erst mal versucht hat, andere berufliche Wege zu gehen. Also, sie hatte einen Vertrag mit SAT eins, hat dann Fernsehsendung gemacht, Umwelt Sendungen, hatte eine, war im Gespräch mit Channel 5 in Großbritannien, um eine ähnliche Sendung auch dort zu machen. Das heißt, die wechselseitige Aufmerksamkeit bewegte sich sozusagen, zumindest was den politischen Raum anging, weg. Die war so nicht mehr da. Im persönlichen hatte sich da gar nicht so viel geändert. Aber was die politischen Kontakte anging, schon, dann hat sicher eine erhebliche Rolle gespielt, dass die parteipolitische Entwicklung der Grünen eine Richtung genommen hat, die nicht deckungsgleich mit dem, was Petra Kelly sich von dieser Partei erhofft hatte. Es war eher ein traditionelles Bild von Machtpolitik, ein traditionelles Bild von gesellschaftlichen Veränderungen, und das war nicht ihre Sache, und das hat sicherlich ganz wesentlich zu einem Entfremdungsprozess beigetragen. Was zu dem Wahlergebnis in Neumünster in 1991, sicherlich auch beigetragen hat, war, dass wir als Partei insgesamt schwer krank waren. Also so würde ich das beschreiben, denn wir haben ja 1990 insgesamt drei Parteitage durchgeführt zu der Frage, mit wem, wer sind eigentlich unsere Bündnispartner in der DDR? Das war ja noch. Diese Frage stellte sich ja schon vor der deutschen Einheit, und es gab immer etwa ein Drittel, die waren fest überzeugt, dass die PDS unsere Bündnispartner sind und eben nicht die Bürgerrechtsbewegung. Das heißt, das Themenfeld beziehungsweise die Befindlichkeit der Partei zu diesem Zeitpunkt war alles andere als hoffnungsvoll. Es sind dann ja auch ein Teil sozusagen unserer Mitglieder, ein Teil der Grundströmung in unserer Partei auf der linken Seite. Die sind dann auch rausgegangen, was notwendig war, um überhaupt als Partei zu überleben. Auch das Wahlergebnis der Grünen im Westen 1990 war existenziell, um zu überleben. Wir hätten, wir hätten es als schwer gehabt, als Grüne weiterhin mit bundesweiter Präsenz zu existieren, jedenfalls in den ersten Jahren, weil wir ja, wie soll ich das sagen, weil wir…. wenn wir in den Bundestag gekommen wären, dann hätten wir eine Mischung gehabt von politischen Strömungen innerhalb der Partei, die ein Bündnis mit der Bürgerrechtsbewegung in der DDR völlig unmöglich gemacht hätte. Also eine Zusammenarbeit von Persönlichkeiten wie Dr. Wolfgang Ullmann, Werner Schulz, Gerd Poppe, mit Menschen wie Thomas Ebermann vom Kommunistischen Bund in Hamburg oder Jutta Ditfuhrt wäre völlig undenkbar gewesen. Dann hätte das zu der Frage geführt, besteht die Notwendigkeit, sich neu zu sortieren, auch parteipolitisch? 

Margarete Bause: Mhm ja, ich erinnere mich gut an diese Diskussionen damals. Man hat den Eindruck, dass auch jetzt durch diesen Film Petra Kelly gerade wieder entdeckt wird, und im Film ist ja auch ganz viel ist Fridays for Future, die Demonstrationen dort sind aufgegriffen, und Luisa Neubauer spricht im Film davon, dass sie am Anfang mit dem Namen nichts anfangen konnte und dass sie aber das Gefühl hat, dass Petra Samen gelegt hat, die, die heute ihre Wirkung entfalten. Was glaubst du, was Petra Kelly heute für die junge Generation geben kann, bedeuten kann? 

Lukas Beckmann: Das Wichtigste ist, glaube ich, die Erfahrung zu machen, dass man als einzelner Mensch wahnsinnig viel bewegen kann, wenn man eine Empathie hat und für eine Sache wirklich einsteht und die Menschen gerne hat. Das ist auch eine ganz wichtige Bedingung, und das konnte man von Petra Kelly lernen. Petra Kelly hatte eine Liebe zu den Menschen, und das haben Menschen gespürt, die nimmt uns ernst, und sie hatten ein tiefes Vertrauen zu ihr, auch bei aller Zartheit und Gebrechlichkeit, die sie dann zum Teil ausgestrahlt hat. Die Menschen haben ihr vertraut, und das fehlt heute. Dieses Grundvertrauen in der Demokratie, ist aber gleichzeitig unverzichtbar. Und für eine Bewegung wie Freude, Frau Future spielt dieser Aspekt eine ganz große Rolle, weil es da ja nicht darum geht, wie werde ich was?, sondern wie erreiche ich was? Und leider spielt diese Frage in den Parteien CDU, CSU, FDP, SPD, Grüne, Linke eine zu geringe Rolle. Auch die, die ganze Rekrutierung von neuen Leuten, von Jüngeren in die Politik hinein, ist ja schon sehr früh geprägt davon, wie habe ich überhaupt eine Chance auf dieser Karriereleiter, entweder eine Funktion in einem Landesvorstand, Bundesvorstand, Landtag oder Bundestag zu bekommen, also sehr stark geprägt von der Frage, was bedeutet das eigentlich für mich persönlich? Und weniger von der Frage, wie verändern wir diese Welt? Das wird dann die Frage, wie verändern wir diese Welt? wird aufgegriffen als Marktlücke, aber nicht immer als Frage, die einen innerlich antreibt, und das spüren Menschen meinen, die es ernst oder nicht? und die Anzahl der Politiker - Gottseidank haben wir bei den Grünen viele, die innerlich getrieben sind, was nicht immer bedeutet, dass sie damit auch erfolgreich sind -. Aber sie haben sozusagen diese, diesen genuinen inneren Antrieb, und das ist für Menschen, aber für die Demokratie ganz unverzichtbar. 

Margarete Bause: Zum Schluss würde ich dir gerne noch eine Frage stellen, weil das uns als Petra Kelly Stiftung immer wieder begegnet. Wir kriegen gerade seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine ganz viele Zuschriften, wo Menschen empört sind über die Haltung der Grünen in diesem Krieg, über die Zustimmung zu Waffenlieferungen an die Ukraine, über die militärische Unterstützung, und die Leute schreiben dann immer, also, Petra Kelly würde sich angesichts dieser grünen Politik im Grabe umdrehen. Jetzt ist es natürlich interessant, dass Menschen wissen, was Petra Kelly heute denken oder machen würde, aber was würdest du auf so eine Frage antworten? Kann man das überhaupt? Wie würde Petra Kelly angesichts sozusagen der Tatsache, dass Krieg offenbar wieder zum Mittel der Politik geworden ist und wie man sozusagen mit Angriffskriegen umgehen kann, was glaubst du, wie Petra Kelly heute sich dazu positionieren würde? 

Lukas Beckmann: Natürlich kann ich nicht sagen, wie, was Petra heute dazu sagen würde, weil das, hätte sie weitergelebt, hätte auch sie sich verändert, so wie wir uns alle verändert haben, hoffe ich jedenfalls. Und in welche Richtung? Das ist nicht so ganz einfach zu sagen, ähm, ich kann verstehen, dass Menschen so reagieren, dass sie sagen, also, was ist jetzt mit den Grünen los? Das hat aber weniger mit den Grünen und mit Petra Kelly zu tun, sondern das hat einfach damit zu tun, dass man oft ein völlig falsches Verständnis hat von Parteien. Parteien sind keine Glaubensgemeinschaften, Parteien sind keine Kirchen. Da geht es nicht darum, an einen bestimmten Glaubenssatz festzuhalten, sondern es geht darum, Ziele zu beschreiben und sich in der Verwirklichung dieser Ziele den Widerständen und den Wirklichkeiten zu stellen. Und das hat Petra gemacht. Sie war Pazifistin, sie war gegen die NATO und Nachrüstung. Sie war dafür, Konflikte, soweit es geht, durch zivilen Ungehorsam und mit nichtmilitärischen Mitteln und nicht mit Gewalt zu lösen. Aber Petra war auch eine Persönlichkeit mit einem Machtanspruch, die was verändern will, und sie war nicht nur, wie soll ich sagen, also sie war ja nicht nur Friedenspolitikerin, sondern sie war auch eine Freiheitspolitikerin, und gerade ihr Engagement für Oppositionsbewegungen in Osteuropa hat deutlich gemacht, dass es ihr eben nicht nur um den Abzug von Raketen ging oder um das Verbot von Atomwaffen, sondern dass es hier auch um Freiheit ging.  - Und Menschenrechte -  sind sehr, sehr, sozusagen unmittelbare Erfahrung aus der amerikanischen Friedensbewegung, wo sie natürlich auch gesehen hat, wo sich da überall Gewalt durchgesetzt hat, und man muss das, was die, was die Grünen, und das ist auch ein wesentliches Verdienst von Petra Kelly: Frieden und Menschenrechte lassen sich nicht teilen. Es gibt keinen Frieden ohne die Einhaltung von Menschenrechte, ohne dass Menschen frei leben können, und dies gehört dazu, wenn man Petra Kelly verstehen will: Petra Kelly war gewaltfrei, aber sie war nicht gewaltlos, und sie wusste sehr wohl, dass auch Gandhi sich nicht hat vorstellen können, den deutschen Faschismus mit den Aktionen des zivilen Ungehorsams, die er in Indien gemacht hat und wofür er von Großbritannien als Kolonialmacht das Einverständnis hatte, so agieren zu können. Das war ihm sehr wohl bewusst, und es ist für mich schwer vorstellbar, dass Petra Kelly als jemand, die geprägt war von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die sich weltweit für Menschenrechte eingesetzt hat, nachdem diplomatische Möglichkeiten ausgeschöpft sind, gesagt hätte: „nee, also, dann soll die Ukraine sich ergeben“. Ist für mich undenkbar, aber es ist meine Antwort, es ist nicht ihre Antwort. 

Margarete Bause: Das können wir alle nicht wissen. Vielen dank, lieber Lukas. Du hast gerade gesagt, Petra Kelly besser zu verstehen, und ich für mich zumindest hat unser Gespräch dazu beigetragen, Petra Kelly auch heute besser zu verstehen. Vielen dank. 

Outro: Das war’s für dieses Gespräch zwischen Lukas Beckmann und Margarete Bause über Petra Kelly. Wer noch mehr über Petra erfahren möchte, findet in den Shownotes viele Links zu Publikationen, Interviews und weiteren Podcasts, die vor zwei Jahren anlässlich ihres 75. Geburtstags erschienen sind.

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