Manomama ist das erste ökosoziale Textilunternehmen in Deutschland. Im Gespräch erfahren wir warum Mode nicht nachhaltig sein kann, aber Bekleidung schon. Ein Gespräch über Herausforderungen, Träume und Innovation in der Mode- und Textilbranche aus Augsburg.
„Weltretten muss Spaß machen“.Mit dieser Einstellung gründete Sina Marie Trinkwalder 2010 manomama", das erste ökosoziale Textilunternehmen in Deutschland. Seitdem ist viel passiert: Aus dem ursprünglichen Bedürfnis, der hohen Arbeitslosigkeit in Bayern entgegenzuwirken, wurden nach und nach neue Herausforderungen „eingepackt“.
In diesem humorvollen und inspirierenden Gespräch hören wir, wie wichtig es ist, dass alle Konsument*innen transparente Informationen über ihre Kleidung bekommen und welche Schwierigkeiten es gibt, in der Branche konsequent nachhaltig zu handeln.
Diese ist die letzte Sonderfolge der Reihe „Böll.Regional“ zum Thema „Wirtschaften mit Zukunft“.
Ein Podcast mit:
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Sina Marie Trinkwalder, Geschäftsführerin von manomama
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Carmen Romano, Petra-Kelly-Stiftung
Diese Podcastreihe wurde im Rahmen des Verbundprojektes„Wirtschaften mit Zukunft“ konzipiert: https://www.boell.de/de/wirtschaften-mit-zukunft
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Manomama: https://www.manomama.de/UEber-uns/Konsequent-besser./
Petra-Kelly-Stiftung: www.petrakellystiftung.de
Transkript:
Intro: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Reihe „Böll Regional“, in der wir euch Projekte aus verschiedenen Bundesländern vorstellen. Diese Staffel dreht sich um die Frage nach dem Wirtschaften mit Zukunft. Wir werden dabei Projekte und Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen präsentieren, die uns Wege zu einem nachhaltigen Wirtschaften zeigen.
Carmen Romano: Servus! Ich bin Carmen Romano von der Petra Kelly Stiftung in Bayern aus der tiefsten Erkältungszeit. Und heute sind wir nach Augsburg gereist, um mit Sina Marie Trinkwalder, Geschäftsführerin von MANOMAMA, zu sprechen. Sina Marie Trinkwalder gründete 2010 das erste ökosoziale Textilunternehmen Deutschlands. Mittlerweile arbeitet sie mit über 120 Menschen an der Fertigung von ökologischer Bekleidung und Taschen innerhalb einer einzigartigen regionalen Wirtschaftskette. Auf ihrer Webseite sind die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030, die ihre Arbeit betreffen, und die Werte, in denen sich das widerspiegelt, übersichtlich aufgelistet. Neben den Slogans wie „konsequent transparent“, „konsequent sauber“ und „konsequent gleich“ steht am Ende noch „konsequent mutig“. Und das möchte ich einfach mal vorlesen. „Wir gehen neue Wege. Von Anbeginn. Egal ob ökologisch, regional oder sozial. Wir versuchen nicht, existierende Standards zu erreichen, sondern setzen stets neue. „Made by MANOMAMA“ ist mehr als ein Siegel. Es ist unser Versprechen, es konsequent besser zu machen.“ Ich spüre also schon die Inspiration, die von diesem Unternehmen ausgeht. Lasst uns nun mit Frau Trinkwalder über das heutige Thema sprechen, nämlich Nachhaltigkeit in der Mode.
Ja, ich bin gerade in Augsburg angekommen. Ich stehe vor einer sehr heißen Tasse Tee. Danke dafür. Und du hast mir ja auch schon einiges in eurem Magazin gezeigt, womit ihr euch gerade beschäftigt. Magst du vielleicht einfach kurz MANOMAMA vorstellen? Wie ist die Idee entstanden? Aus welchen Bedürfnissen und Vorgeschichten vielleicht?
Sina Marie Trinkwalder: Naja, als die Idee MANOMAMA entstanden ist, war die Zeit eine ganz andere. Nicht nur geopolitisch oder weltpolitisch, sondern auch hier, in unserer Region in Bayern. Wir hatten sehr viele Menschen, die erwerbslos waren, eine hohe Arbeitslosenquote, viele Frauen 50, 55 Jahre alt, die eben keine Möglichkeit bekommen haben, ihren eigenen Erwerb zu erwirtschaften. Und so habe ich vor fast 15 Jahren gesagt: Nein, stopp, das kann ja nicht sein. Jeder Mensch soll seine Chance auf seinen Erwerb haben und damit auch teilnehmen dürfen an der Gesellschaft. Und so habe ich MANOMAMA gegründet, um eben Frauen, 50, 55 Jahre alt, damals ihren eigenen Erwerb erwirtschaften zu lassen. Und das wir Textilien wirtschaften hing damit zusammen, dass wir in Augsburg Welthauptstadt des Textiles waren. Vor vielen, vielen, vielen, vielen Jahren. Und ich Mag Traditionen, und so haben wir da einfach wieder angeknüpft und gesagt, dann machen wir das wieder. Es macht zwar sonst keiner, aber nur weil es keiner macht, heißt es ja nicht, dass es nicht möglich ist. Und so entstand das erste ökosoziale Unternehmen oder Textilunternehmen hier in der Gegend.
Carmen Romano: Das klingt echt wunderbar und inspirierend und auch man merkt - naja, Bayern war nicht immer so erfolgreich und so.
Sina Marie Trinkwalder: Ich glaube, die besten Ideen entstehen immer durch eine gewisse Not. Wenn es einem immer gut geht, dann wird man auch träge und faul und bequem. Und immer dann, wenn man aber einen Druck hat, wenn man unzufrieden ist. Gerade Unternehmer brauchen ja immer eine gewisse Unzufriedenheit, um die Dinge anders zu machen.
Carmen Romano: Ja, magst du vielleicht ganz konkret uns schildern, was sind Praxisbeispiele für eure Arbeit? Vielleicht was ich gerade jetzt draußen gesehen habe?
Sina Marie Trinkwalder: Das ist beispielsweise jetzt der nächste Step in eine neue Metamorphose. Also MANOMAMA wandelt sich gerade wieder, wir sind eigentlich im steten Wandel. Also diese Idee der Firma zu sagen, wir möchten Frauen um die 50 einen Job geben, das interessiert heute keinen mehr, weil jeder, der einen Job haben möchte, kann einen bekommen. Ja, es hat sich alles geändert. Und auf der anderen Seite ist es so, dass wir auch die Ökologie ganz vorne im Blickpunkt haben. Ja, du hast es schon gesagt, Nachhaltigkeit. Ich hasse dieses Wort, weil alles ist immer nachhaltig bla bla bla. Und Mode kann nicht nachhaltig sein, denn Mode ist kurzlebig. Es ist Bekleidung, die nachhaltig ist, also etwas, was vielleicht nicht unbedingt in Fashion ist. Und dann haben wir vor ein paar Jahren gesagt, vor zwei, drei Jahren, Moment, okay, dieser ureigene Zweck ist vielleicht nicht mehr notwendig, aber uns braucht es trotzdem. Uns braucht es in anderen Bereichen. Und da wandeln wir uns gerade. Du hast gerade gesehen, dass wir zigtausend Reißverschlüsse, Knöpfe, Bänder sortieren. Das sind alles Materialien, die existieren, genauso wie Stoffe, Gewebe, Gestrick etc. Weil wir in einer langen Phase der Überschussproduktion waren, weltweit. Wir haben von allem viel zu viel. Und bevor wir etwas sortieren und den Rest verwerten, schmeißen wir es weg, weil Controller sagen, das ist billiger und dagegen verwehren wir uns. Wir haben für uns beschlossen, vor ungefähr eineinhalb bis zwei Jahren zu sagen: Nein, wir verarbeiten mittel- und langfristig nur noch Materialien, die schon da sind. Klimapositiver geht's gar nicht. Wir müssen nicht Dinge neu machen, sondern lasst uns doch erstmal verwenden, was schon existiert.
Carmen Romano: Was ist denn eure Vision auch von der Gesellschaft? Wie seht ihr eure Rolle dabei, diese Änderung beizubringen?
Sina Marie Trinkwalder: Ich glaube, dass wir das schon immer waren und immer sein werden, nur in den unterschiedlichsten Facetten: Der Reisnagel im Hintern einer langsam sich bewegenden Gesellschaft sind. Einfach nach vorne zu gehen, mit guter Laune und zu sagen, „hey, Welt retten muss Spaß machen, sonst macht es keiner“. Wir können nicht immer nur maulen und jammern, wir müssen auch selber mal den Arsch hochkriegen und sagen wir machen die Dinge anders. Auch wenn es heißt, dass es eben doppelt so viel Arbeit ist. Auch wenn es heißt, dass der Weg sehr schwer ist, weil du nun mal der erste bist, der den Weg so geht. Und das ist, glaube ich unsere Aufgabe, zu zeigen, dass die Dinge durchaus gehen und dass sie auch existieren können, wenngleich sie nicht immer super lukrativ vom Geld her sind oder super lukrativ von der Umsetzung her. Aber die Gesamtrechnung unterm Strich, nämlich wenig Müll zu produzieren, langhaltige Qualität zu wertschätzen, Menschen eine sinnvolle Arbeit zu ermöglichen, die Umwelt zu schonen, indem man weniger produziert, mit Dingen, die schon da sind, alten Sachen neue Schönheit zu verleihen, das ist unsere Aufgabe. Mittlerweile wollen wir zeigen, dass das geht. Und dass es auch ökonomisch geht.
Carmen Romano: Finde ich großartig. Du hast vorhin gesagt, dass Mode nicht nachhaltig sein kann, Bekleidung schon. Dabei spielte natürlich das Thema bewusster Konsum eine ganz wesentliche Rolle. Du hast ein weinendes Auge.
Welche Rolle spielt denn dieses Thema in der Modebranche? Hast du in letzter Zeit vielleicht Änderungen gespürt, auch bei deinen Kundi*nnen?
Sina Marie Trinkwalder: Die Kunden und Kundinnen, die wir haben, die ticken eigentlich von Anbeginn genauso wie wir. Die brauchen keine Siegel und keine Marketing-Märchengeschichten, sondern die wollen informiert werden, offen und transparent. Und die wollen nachvollziehbar wissen, wie wird etwas hergestellt und woraus. Und das ist auch ein Anrecht eines Verbrauchers, zu wissen Woher kommt das Zeug, was ist das Zeug und wer hat es gemacht? Ich dachte eigentlich bis vor Corona, dass wir auf einem guten Weg sind, auch was eine gewisse Transparenz in der Mode oder in der Bekleidung auch übrigens bei Lebensmitteln überhaupt eigentlich ist. Aber ich muss ganz ehrlich gestehen, dass wir wieder seit einem Jahr komplett in die entgegengesetzte Richtung gehen. Wenn wir Sachen sehen wie diese Portale, die es jetzt aus China gibt, wie Temu und Shein. Und die haben Umsätze, das ist unglaublich. Also, ich habe das Gefühl, dass es wieder schlimmer wird. Und, dass den Leuten teilweise transparenter, guter Konsum wieder mehr egal wird, was ich ganz, ganz, ganz, ganz schade finde. Bei uns, bei unseren Kundinnen und Kunden ist es nicht so, wir haben sehr kritische Kunden, die sehr gerne informiert werden, die auch, wie bei jedem anderen Unternehmen auch, die Werte teilen mit dem Unternehmen, bei dem sie konsumieren. Aber es ist momentan teilweise vielleicht auch verständlich. Das ist eine Zeit, wo Leute sagen „Ich habe nicht so viel Kohle, ich kann mir jetzt nicht ein T-Shirt für 30 € kaufen. Ich möchte mir lieber eins für 5 € kaufen“. Das bedingt aber, dass die Welt nicht unbedingt besser wird.
Carmen Romano: Ich persönlich hatte jetzt auch den Eindruck, dass durch Apps wie Vinted oder ähnliches auch schon eine gewisse Beliebtheit für Second Hand wieder hochgekommen.
Sina Marie Trinkwalder: Ja, das ist aber Blase. Mein Sohn, ist genauso, er liebt es auch wenn er nicht eine MANOMAMA-Klamotte anhat und meistens aus dem Muster Schrank, dann kauft er Vintage oder zweite Chance. Nur auch da müssen wir ganz ehrlich sein, das was heute fast alles produziert wird an Qualität, hat gar keine Chance auf zweite Chance. Weil die Qualität dieser Fast Fashion so schlecht ist, dass sie nur für den Müll gemacht wird. Und wenn wir jetzt auch wirklich ganz neutral Umsätze betrachten, eines gesamten Textilienmarkts, dann ist Vintage- und Bio Mode so verschwindend gering im Vergleich zu den großen Firmen, Monster-Textilern. Also da wünsche ich mir schon noch ganz, ganz viel Entwicklung in die andere Richtung.
Carmen Romano: Wie du auch in anderen Interviews gesagt hast: Es muss von allen Seiten was gemacht werden und in Bewegung gebracht werden. Also von Konsument*innen, von Produzent*innen, auch von der Politik, alle Seiten sollen mitmachen.
Sina Marie Trinkwalder: Es müsste ja eigentlich in allererster Linie von der Politik die Rahmenbedingungen gestellt werden, weil solange es keine ernsthaften politischen Rahmenbedingungen gibt, mit ernsthafte meine ich wirklich ernsthafte. Schönes Beispiel: Wenn man wie wir transparent, regional und ökologisch wertschöpft, wird man bis heute, auch 15 Jahre später, vierfach bestraft. Wir produzieren in einem Land, in dem für einen Stundenlohn, Mindestlohn beispielsweise, in Südostasien Menschen einen Monat lang dafür arbeiten. Das muss man sich nur mal vorstellen. Wir haben Logistikkosten, der LKW von Nordrhein-Westfalen mit meinem Jeansgewebe nach Augsburg kostet mich so viel wie ein Container von China nach Deutschland. Also das könnte man aber politisch alles lösen. Das können nicht wir lösen und deswegen kämpfen alle, und da bin ich glaube ich schon sehr realistisch, alle die regionale Wertschöpfung seit zig Jahren, gegen einen globalen Markt, der einfach nicht fair ist.
Carmen Romano: Alles klar. Ich finde großartig, dass auch diese Frustration und Wut rauskommt in dieser Folge, weil es ist ja die letzte Folge der Reihe und soll vielleicht auch ein bisschen kämpferisch sein.
Sina Marie Trinkwalder: Ich muss ehrlich sagen, man darf nicht immer nur sagen, der Konsument muss sich ändern, denn das ist schön und gut. Die armen Konsumenten, die haben irgendwann gar keinen Bock mehr. Ich hätte auch keine Lust mehr, wenn ich jedes Mal ein Führerschein machen muss, um mir ein T-Shirt zu kaufen. Es muss sich endlich die Politik sich hinstellen und sagen: Wenn wir wollen, dass wir regionale Produzenten haben, dann müssen wir zumindest die Nachteile, die eine regionale Produktion hat, im Vergleich zu einem globalen Bereich, ausgleichen. Wenn wir das nicht wollen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn es irgendwann keine regionalen Produzenten mehr gibt. Es ist einfach.
Carmen Romano: Aber wir wollen auch weiterhin mit der Folge weitere Menschen inspirieren, natürlich und auch von eurem Konzept begeistern. Deswegen würde ich jetzt zu einem anderen Aspekt eurer Produktion wechseln.
Sina Marie Trinkwalder: Es ist nicht nur schlimm, sonst würden wir es nicht tun. Aber ich möchte schon auch zeigen, dass es wirklich jedes Mal ein ganz, ganz großer Kampf ist. Und die Konsumenten da sehr alleine gelassen werden, wie beispielsweise Unternehmer auch, also die können sich eigentlich die Hand reichen.
Carmen Romano: Ja, um Gottes Willen, ich wollte das jetzt nicht schönreden und wollte nur einfach zu einem anderen Punkt kommen, weil in der Recherchearbeit vor dem Podcast habe ich auf eurer Webseite so eigene Geschichten von einzelnen Mitarbeiter*innen gesehen und ich habe gesehen, so den roten Faden, was bei allen kommt, ist, dass sie wirklich schwärmen von der schönen Arbeitsatmosphäre hier, dass sie sich wohlfühlen. Deswegen auch die Frage: Wie wird euer Personal ausgewählt? Welche Rolle spielt so eine gute Arbeitsatmosphäre in so einem regionalen, wertschöpfend, guten Unternehmen?
Sina Marie Trinkwalder: Also zum einen haben wir kein Personal, sondern wir sind ein großes Team. Ich glaube, das ist ein großer Unterschied, auch gegenüber der Wertschätzung und der Position jedes Einzelnen. Wir haben keine großen Hierarchien. Irgendwo hat irgendwer immer irgendwie den Hut auf, weil irgendeiner muss die Verantwortung dann auch letzten Endes justiziabel tragen. Aber ansonsten arbeiten wir immer alle zusammen, die einen ganz proaktiv mit, die anderen sind ja nur so, ich mache auch mit, also wie in jeder anderen Familie in Anführungszeichen auch, oder in anderen Unternehmen. Ich glaube, es ist unglaublich wichtig, dass es ein gutes Arbeitsklima ist, weil sonst ist man selbst nicht sehr zufrieden, wenn man selbst nicht zufrieden ist, dann produziert man auch keine gute Qualität. Das ist eigentlich ein ganz einfaches Rezept und ich glaube, es ist auch wichtig zu erkennen, dass unsere Gesellschaft nicht nur aus Doktoren besteht. Aber das sage ich auch seit 15 Jahren, dass es Menschen gibt, die im Handwerk viel besser aufgehoben sind. Und der Trend, Gott sei Dank, geht ja auch seit zwei, drei Jahren in die richtige Richtung, zu sagen „Nein, ich studiere lieber nicht, lieber mache ich ein Handwerk“. Also es hat sich sehr viel geändert und das ist der Punkt. Wir wählen niemanden aus, sondern wenn wir einen Platz frei haben, dann kommt jemand zu uns. Und ob der dünn, dick, groß, klein, jung, alt, gehandicapt, nicht gehandicapt hier geboren oder nach hierher gekommen, das ist mir persönlich echt wurscht. Mir geht es nicht darum, wo jemand herkommt, sondern wo ich mit dem Menschen dieses Unternehmen hin entwickeln kann, oder ob dieser Mensch unsere Vision teilt, ob er unsere Werte vertritt, das ist, glaube ich, ganz, ganz wichtig. Wenn sich Menschen zusammentun, um etwas machen zu möchten, ist es völlig egal, ob es in einer privaten Gruppe ist oder in einer Unternehmung. Dann ist es schon wichtig, dass sie auch ein gemeinschaftliches Ziel haben, eine Vision haben.
Carmen Romano: Nur was sind jetzt die Hintergrundgeräusche?
Sina Marie Trinkwalder: Das ist jetzt ein Laubsauger, Katastrophe.
Carmen Romano: Na ja, wir werden's überleben.
Sina Marie Trinkwalder: Das ist glaube ich Deutschland pur, der Laubsauger. Ich kenne in keinem anderen Land dieses Gerät. Und das ist auch eine schöne Anekdote, off the Records. Wir sind hier in unseren Produktionshallen seit 15 Jahren und vor einiger Zeit ist zwei Etagen über uns ein Dienstleistungsbüro eingezogen. Und nun hat man sich da aufgeregt, dass man ab und zu mal eine Nähmaschine hört. Was einfach Quatsch ist. Es ist wirklich Quatsch. Aber den Laubsauger, den wir alle immer dauernd hören, der ist kein Problem. Und auch hier ist es wirklich wieder ein Appell: Wenn wir wollen, dass Menschen regionale Wertschöpfung produzieren, dann darf auch meine Nähmaschine kein Problem sein. Wenn wir schon kein Problem mit dem Laubsauger haben.
Carmen Romano: Ja. Aber diese Anekdote hat mich jetzt tief erschüttert, möchte ich sagen.
Vielleicht nehmen wir quasi den Wind des Lachens und kommen zur abschließenden Frage. Das ist die Leitfrage, die unsere gesamte Podcastreihe jetzt mitbegleitet hat. Und zwar, du hast es an mehreren Stelle schon angedeutet, aber vielleicht kurz zusammengefasst: Worin besteht für dich euer Beitrag zu einem Wirtschaften mit Zukunft?
Sina Marie Trinkwalder: Ich glaube, unser Beitrag ist für eine Wirtschaft mit Zukunft ist das, was wir seit 15 Jahren machen. Wir stellen Menschen in den Mittelpunkt, wir stellen die Ökologie in den Mittelpunkt und versuchen, diesen beiden Haupt-Engagementpunkten gerecht zu werden nach besten Wissen. Das ist das, was wir wieder brauchen. Nicht immer nur Umsatz, Umsatz, Umsatz, Kohle, Kohle, Kohle. Weil wenn wir weiter so agieren, alle miteinander, dann zahlen unsere Enkel und Kinder, der Enkel, also Urenkel, wirklich eine Rechnung, die wir uns schon längst nicht mehr leisten könnten.
Auch wenn Leute sagen „ach, ist mir doch egal, nach mir die Sintflut“ im wahrsten Sinne des Wortes, wir kriegen ja mittlerweile wirklich die Klimakrise jeden Tag live mit. Sie ist da und die Konsequenzen sind da und die werden immer schlimmer. Deswegen dürfen wir trotzdem nicht resignieren. Und wir müssen dann aber auch den Mut aufbringen, um zu sagen „okay, diesen Weg, den ich jetzt gegangen bin, ist vielleicht unter den neuen Bedingungen nicht mehr gut“. Schönes Beispiel: Als ich MANOMAMA gegründet habe, 2010, habe ich gesagt, wir müssen alles in Bio machen. Ja, das ist eine super Entscheidung und alles Neue, was wir benutzen oder benötigen, machen wir auch in Bio. Aber vorher benutzen wir die Sachen, die erst mal da sind. Weil das ist jetzt die Erkenntnis, lasst uns doch diese Sachen erst mal nutzen, die da sind. Die haben das Klima schon geschädigt, weil auch Bio in neu geht nicht klimaneutral.
Carmen Romano: Ja, danke dir. Ich fand es schön als letzte Folge, sowohl so viel Mut und Positivität zu erleben. Du hast ja vorher gesagt Weltrettung muss Spaß machen, das fand ich wirklich toll. Aber auch ganz viel Ehrlichkeit und so den den Finger in die Wunde zu stecken und sagen ja, „solange die Rahmenbedingungen nicht stimmen, kann man wirklich nicht viel in Bewegung setzen für die nächsten Generationen“. Und man muss nicht alles auf die Schultern der Konsument*innen stecken. Also da unser Gespräch viel war und ich hoffe, es wird allen, die uns jetzt zuhören, gut gefallen. Genauso wie bei mir jetzt beim Drehen. Also danke dir für die Zeit und fürs Gespräch.
Das war jetzt die Sonder- & letzte Folge der diesjährigen Reihe zum Thema nachhaltige Bekleidung, produziert von der Petra Kelly Stiftung in Bayern.
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