Wärmewende in den Kommunen

Grundlagen – Beispiele – Fördermöglichkeiten. Ein Fachseminar in Nürnberg.

Lesedauer: 5 Minuten
Dächer mit Solaranlagen und bunten Schloten

Wenn von Energiewende und Klimaschutz die Rede ist, dann denken die meisten zunächst und vor allem an die Stromproduktion. Dabei ist es ebenso wichtig, die Wärmeversorgung regenerativ umzubauen, wenn der Klimawandel gestoppt und die CO2-Emissionen wirksam vermindert werden sollen. Denn in Deutschland werden derzeit immerhin 56 Prozent der Endenergie als Wärme verbraucht. Dass für diese "Wärmewende" die Kommunen ein entscheidender Faktor sind, ist klar: Sie spielen eine Schlüsselrolle – mit der Vergabe von Konzessionen, mit ihren Stadtwerken und Wohnungsbaugesellschaften, als planende Instanz. Unser Fachseminar erläuterte die Grundlagen und Handlungsansätze einer gelingenden kommunalen Wärmewende, stellte Beispiele aus Bayern vor und befasset sich mit den entsprechenden Fördermöglichkeiten.

Hans Hertle vom IFEU Heidelberg gab einen umfassenden Überblick über den von der  Heinrich-Böll-Stiftung herausgegebenen Leitfaden zur Wärmewende. Um die anspruchsvollen Ziele der Energiewende zu erreichen, muss gerade im Wärmesektor erheblich mehr getan werden als bisher. Der Anteil der erneuerbaren Energien in diesem Bereich stagniert seit Jahren. Gleichzeitig ist die Effizienzstrategie weitgehend ausgereizt und das Potenzial an Biomasse annähernd erschöpft. Strom- und Wärmesektor müssen deshalb zusammengedacht werden, wenn weitere Fortschritte erreicht werden sollen. Ob dies über solare Wärmenetze oder dezentrale Wärmepumpen geschieht, wird von den jeweiligen Verhältnissen vor Ort abhängen. Beispiele wie die „Bahnstadt Heidelberg“ zeigen, dass der Effizienzpfad im Neubau (klimaverträgliches Bauen im Passivhaus-Standard) sehr gut möglich ist. Aber Neubau ist immer auch Zubau und gefährdet über Rebound-Effekte (Steigerung der pro-Kopf-Wohnfläche) das Erreichen der angestrebten Reduktionsziele. Dass dies möglich ist, zeigen diverse Beispiele, u.a. im dänischen Dronninglund.

Den Kommunen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, da sie viele Möglichkeiten hat, auf die Wärmeversorgung Einfluss zu nehmen: über die Bauleitplanung, in ihren eigenen Liegenschaften, als Eigentümerin von Stadtwerken und Wohnungsbaugesellschaften. Im kommunalen Energiemanagement sollten verbunden werden:

- strategisches Energiemanagement (langfristige Konzeptionen, die gebäudeübergreifend die energetische Strategie und Ausrichtung einer Kommune bestimmen) und

- operatives Energiemanagement (Untersuchungen und Maßnahmen zur messbaren Reduktion des Energieverbrauchs bezogen auf konkrete Einzelobjekte).

Klar sollte aber sein, dass Effizienz und Konsistenz (= Umstieg auf erneuerbare Energien) durch Suffizienz (absolute Reduktion des Energieverbrauchs) ergänzt werden müssen.

Die Präsentation von Hans Hertle als PDF-Datei

Erich Maurer von der Energieagentur Nordbayern gab einen Überblick über Wärmewendebeispiele und Umsetzungsansätze in Bayern. Auch er betonte noch einmal die zentrale Rolle der Kommunen: Die Kommune  ist der zentrale Akteur in der Energiewende, auch wenn der kommunale Energieverbrauch meist nur wenige Prozent beträgt.

Die Kommune kann informieren, koordinieren und selbst Projekte umsetzen, vor allem wenn die Belange von mehreren Akteuren zu berücksichtigen sind. Um diese Rolle kompetent ausfüllen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, den Weg, die entscheidenden Akteure und die relevanten Maßnahmen zu kennen. Konzeptionelle Vorarbeit ist dafür aber unabdingbar.

Für nahezu alle 2.100 bayerischen Gemeinden besteht Handlungsbedarf im Wärmebereich. Daher soll ein Energienutzungsplan helfen, um die Wärmewende einzuleiten. Dafür gibt es folgende Handlungsmöglichkeiten:

  • Kommunales Energiemanagement zur Senkung des Verbrauchs in öffentlichen Liegenschaften ohne Investition;
  • Energetische Gebäudesanierung als wirksamste Maßnahme zur Senkung des Energieverbrauchs;
  • Realisierung von Nahwärmenetzen (Basis kommunale Gebäude)
  • Ausbau einer effizienten Strom- und Wärmeerzeugung mit erneuerbaren Energien (Wind, Sonne, Biogas…) und (Erdgas) BHKW;
  • Erhöhung der Energieeffizienz bei Bürgern und Unternehmen, Beratungsangebote und evtl. Förderprogramme auflegen.

Ist der Wärmeverbrauch von kommunalen Liegenschaften optimiert, ist meist der Aufbau von zentralen Wärmenetzen, in denen neben den kommunalen Liegenschaften auch weitere Verbraucher angeschlossen werden, sinnvoll. Um diese Infrastrukturmaßnahmen umsetzen zu können, sind in den meisten Fällen konzeptionelle Vorarbeiten unabdingbar: Energiekonzept, Energienutzungsplan, Umsetzungsbegleitung. Als konkretes Umsetzungsbeispiel stellte Maurer die Stadt Treuchtlingen und deren Anstrengungen im Wärmesektor vor.

Die Präsentation von Erich Maurer als PDF-Datei

Abschließend erläuterte Johannes Reiff vom Projektträger Bayern, wie die Förderung von Energiekonzepten und kommunaler Energienutzungspläne in Bayern im Einzelnen geregelt ist. Gefördert werden können: kommunale Gebietskörperschaften und Eigenbetriebe,  Träger kirchlicher oder anderer Einrichtungen ohne wirtschaftliche Tätigkeit in Bayern, die Umsetzungsbegleitung in kommunalen Gebietskörperschaften ohne fachlich geeignetes Personal und Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in Bayern. Reiff wies auf die relativ einfachen Antragsformalitäten hin und betonte, dass genügend Mittel vorhanden seien, um auch vielen Antragstellungen gerecht zu werden.

Die Präsentation von Johannes Reiff als PDF-Datei zum Herunterladen

Literatur und Links:

Hans Hertle/Martin Pehnt/Miriam Dingeldey/Benjamin Gugel: Wärmewende in Kommunen. Leitfaden für den klimafreundlichen Umbau der Wärmeversorgung. Berlin 2015

Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.): Klimaschutz in Kommunen - Praxisleitfaden. Berlin 2011

Solar-Institut Jülich der FH Aachen (SIJ) in Kooperation mit Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH (WI) und Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) (Hrsg.): Handbuch methodischer Grundfragen zur Masterplan-Erstellung. Kommunale Masterpläne für 100 % Klimaschutz. Wuppertal 2016

Maic Verbücheln/Susanne Dähner (Hrsg.): Klimaschutz in der Stadt- und Regionalplanung. Erneuerbare Energien und Energieeffizienz in der kommunalen Planungspraxis. Berlin 2016

Agentur für Erneuerbare Energien: Planungshilfe - Ein Netzwerk für die Wärmewende. Berlin 2016

 

Kontaktadressen:

Hans Hertle

ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg GmbH

Wilckensstraße 3

69120 Heidelberg

Fon: 06221 / 47 67 – 0

Fax: 06221 / 47 67 -19

E-Mail: hans.hertle@ifeu.de

Erich Maurer

ENERGIEAGENTUR nordbayern GmbH

Fürther Straße 244a

90429 Nürnberg

Fon: 0911 99 43 960

Fax: 0911 99 43 966

E-Mail: maurer@ea-nb.de

Johannes Reiff

Bayern Innovativ/Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer mbH - ITZB Nürnberg

Gewerbemuseumsplatz 2

90403 Nürnberg

Fon: 0911 20671- 625

E-Mail: reiff@bayern-innovativ.de

 

Referent*innen:

Hans Hertle

Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu), Heidelberg, Mitverfasser  von „Wärmewende in Kommunen“, Berlin 2015

Erich Maurer

Geschäftsführer, ENERGIEAGENTUR nordbayern GmbH

Johannes Reiff

Master of Engineering, Projektmanager Projektträger Bayern - ITZB, Bayern Innovativ - Bayerische Gesellschaft für Innovation und Wissenstransfer mbH,  Projektträger Bayern - Büro Nürnberg

 

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